„Sie sehen aber schlecht aus!“

1. April 2006 • Qualität & Ethik • von

Über den angemessenen Umgang mit Gewaltüberlebenden

Die Gruppe munterer Journalisten und Journalistinnen schaute gespannt. Im Weiterbildungskurs an der FU Berlin ging es um Tabuthemen und Tabubrüche in den Medien. Mein Thema: Sexualstraftaten an Kindern. Ich stellte mich kurz vor und fragte dann, fast unvermittelt: „Wer von Ihnen wurde in der Kindheit sexuell missbraucht?“ Jähe Stille. „Wer wurde von den Eltern
systematisch geprügelt?“ Die Erstarrung hielt auch bei der nächsten Frage an: „Wer wurde als Erwachsener vergewaltigt?“ Erst als ich nachschob: „Wem wurde schon mal etwas gestohlen?“, löste sich der Schock, einzelne meldeten sich, lachten. „Haben Sie wirklich Antworten erwartet?“, fragte eine Studentin. Natürlich nicht. Ich hatte sogar gehofft, dass niemand reagieren würde. Aber dass es diese Tabugrenzen gibt, sollten sie am eigenen Leib spüren. Es war riskant und ein bisschen gemein, aber es führte uns direkt zum Thema: dem journalistischen Umgang mit Opfern von Gewalt.

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Der Artikel erschien in gekürzter Version zuerst in message 4/2006

 

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