Eine Studie zeigt, dass knapp drei Viertel der Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz ihren Beruf weiterempfehlen würden.
Ein Traumberuf ist ein Beruf, der genau den eigenen Vorstellungen oder Wünschen entspricht. Ist es aber richtig, Journalismus als Traumjob zu bezeichnen, so wie es Kurt W. Zimmermann in seiner Kolumne „Ein Beruf zum Träumen“ vom 11. Mai 2017 tut. In seiner These unterstellt er, dass junge Kommunikationsstudenten gezielt den Beruf des Journalisten anstreben würden. Ein Journalismusforscher wird skeptisch, gerade wenn sehr erfahrene Journalisten Klischees bedienen, die auch sonst kaum hinterfragt werden. Leisten wir uns doch einen differenzierteren Blick auf empirische Daten, die uns zur Verfügung stehen.
Zunächst ist festzuhalten, dass die meisten Kommunikations-Studiengänge nicht wegen der „Faszination“ am Journalismus überrannt werden. Solche Studiengänge werden von jungen Studierenden vielmehr deshalb in Angriff genommen, weil sie „einfach was mit Kommunikation“ und nicht „mit Medien“ machen wollen. Das sollte sich mittlerweile auch bei alten Journalistenhasen herumgesprochen haben. Des Weiteren muss festgehalten werden, dass sich ein Traumberuf nicht allein daran erkennen lässt, dass ihn viele gezielt anstreben. Wichtig ist immer auch sein Image; und in Zeiten von „Lügenpresse“, „Fake News“ und „Alternative Facts“ hat es die Medienbranche besonders schwer, ein positives Bild von sich aufrecht zu erhalten. Ob Traumberuf oder nicht ist aber auch eine Frage der Zufriedenheit mit dem Job.
Zufrieden trotz Gegenwind
Eine aktuelle Studie vom IAM Institut für Angewandte Medienforschung der ZHAW zeigt, dass 73 Prozent der Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz ihren Beruf weiterempfehlen würden. Bei solch einem hohen Wert kann man von einer den Umständen entsprechend großen Zufriedenheit sprechen. Denn wer seine Tätigkeit trotz steigender Anforderungen bei gleichzeitig prekären Arbeitsbedingungen in immerzu kostensparenden Medienunternehmen und trotz aktuell rauhem Gegenwind im öffentlichen Diskurs weiterempfiehlt, der muss seinen Beruf positiv erleben. Aber auch dieser Eindruck täuscht. Eine differenzierte Auswertung der Daten zeigt nämlich, dass es zwischen verschiedenen Medientypen deutliche Unterschiede gibt. Während im öffentlichen und privaten Rundfunk die Empfehlungswerte zwischen 81 und 87 Prozent liegen, sind es im Nur-Online-Bereich noch 69 Prozent und im Print gerade mal lediglich 67 Prozent, die anderen empfehlen würden, den Weg in den Journalistenberuf einzuschlagen. Dieser Unterschied ist wohl mit dem überdurchschnittlich als hoch wahrgenommenen Arbeitsdruck und der Arbeitsplatzunsicherheit zu erklären.
Bemerkenswert sind auch die Differenzen zwischen den Ressorts. Während von den Journalisten in Kultur-, Politik- und Sportressorts zwischen 75 und 80 Prozent ihren Beruf weiterempfehlen, würden dies von den Wirtschaftsjournalisten nur 55 Prozent tun. Vielleicht haben sich Wirtschaftsjournalisten mehr als ihre Kollegen mit Fragen zur Finanzierbarkeit von Journalismus beschäftigt – aber das ist eine rein spekulative Annahme. Anhaltspunkte lassen sich vielleicht in der politischen Ausrichtung finden. Journalisten, die sich politisch eher rechts einordnen, würden den Beruf signifikant seltener empfehlen und Wirtschaftsjournalisten stufen sich generell rechter ein als ihre Kollegen in den anderen Ressorts. Hier findet sich demnach eine Korrelation, wobei die Bandbreite an möglichen anderen Einflüssen immer noch groß ist. Einer der möglichen Zusammenhänge lässt sich jedenfalls ausschließen, nämlich das Alter.
Während das Alter ein wichtiger Faktor bei der Zustimmung ist, kann es als Einfluss auf die Zustimmung in den erwähnten Ressorts ausgeschlossen werden, da die Ressorts im Durchschnittsalter nicht signifikant auseinanderliegen. Gruppiert man das Alter, wird ersichtlich, dass die 31-40-Jährigen am zufriedensten sind (79%), gefolgt von den bis 30-Jährigen (76%) um dann mit steigendem Alter immer weiter abzunehmen.
Intrinsische Motivation
Spannend wird es, wenn man die Gründe für das Weiterempfehlen näher betrachtet. Mehrheitlich liegt es an der intrinsischen Motivation: Der Beruf wird als „spannend, kurzweilig, abwechslungsreich, hinterfragend“ bezeichnet. Hervorgehoben wird der „Spaß am Schreiben“ oder der „Spaß am Meinungsbildungsprozess“. 14 Prozent nennen persönliche Prädispositionen, die zu einer Weiterempfehlung führen: Wenn man die nötigen Fähigkeiten, wie gut schreiben können, Interviews führen oder mit Zeitdruck umgehen, mitbringt, soll man den Journalistenberuf durchaus in Betracht ziehen. Die Bedeutung des Berufes für die Gesellschaft wird hingegen lediglich von fünf Prozent als Jobmotivation aufgeführt.
Zukunftslos
Und was sind die Gründe, warum man davon absieht, den Beruf weiterzuempfehlen? In erster Linie wird als Negativbegründung von 44 Prozent das Gefühl benannt, dass der Beruf keine Zukunft habe. Das überrascht insofern nicht, da regelmäßiger Stellenabbau aber auch sinkende Vertrauenswerte bei der Bevölkerung nicht gerade positiv stimmen. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die als schlecht wahrgenommenen Arbeitsbedingungen (36%). Keine adäquate Entlohnung, kaum Aufstiegsmöglichkeiten, wenig Jobs und viele Praktika sind hierbei nebst dem großen Stress und Druck im Arbeitsalltag die wichtigsten Nennungen.
Und doch muss festgehalten werden, dass lediglich für einen Viertel der Befragten diese Faktoren in ihrer Alltagswahrnehmung überwiegen. Denn grundsätzlich steht es mit der Zufriedenheit gar nicht so schlecht. Und der allfällige Gegenwind, kann bekanntlich auch als Ansporn dienen. Wer sich durchbeißen will und unermüdlich Einsatz in seinem Job zeigt, der lebt womöglich seinen „Traumberuf“ aus. Aber schließlich kommt es nicht darauf an, welcher Tätigkeit man nachgeht, solange die eigene Einstellung dazu stimmt. Dann kann jeder Beruf zum Traumberuf werden.
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