Gemeinsam gegen Murdoch

27. Oktober 2010 • Qualität & Ethik, Ressorts • von

Ausnahmsweise geht es mal nicht um Berlusconi. Die Konzentration der TV-Sender, die Berlusconi gehören, sei sogar marginal im Vergleich zu dem, was wahrscheinlich bald in Großbritannien passieren wird, berichten britische Zeitungen.

Die Expansion von Rupert Murdoch, dem „grand old man“ der Verlagsindustrie, hat britische Zeitungverlage dazu veranlasst, ihre politischen und redaktionellen Differenzen beiseite zu legen und sich zusammenzuschließen, um ihn aufzuhalten.

Progressive Zeitungen wie der Guardian, konservative wie der Daily Telegraph und  Boulevardzeitungen wie der Daily Mirror, der der Labour Party nahe steht, sowie die den Tories nahe stehende Daily Mail haben einen gemeinsamen Aufruf gestartet.

Er richtet sich an Vincent Cable, Minister für Unternehmen, der die Akquisition von Aktien stoppen soll, die der News Corporation einen Anteil von 61 Prozent an BskyB, dem Eigentümer von Sky in Großbritannien, bescheren würde.

Eigentlich wären es nur ein paar Aktien mehr als Murdoch ohnehin schon gehören. Aber die Erhöhung würde dem australischen Magnat außergewöhnliche neue finanzielle Quellen zugänglich machen. Die daraus resultierende Anhäufung von Publikationen könnte auf der einen Seite aufgrund gemeinsamer Angebote den  Werbemarkt aus den Angeln heben und auf der anderen Seite Synergien zwischen den verschiedenen Publikationen schaffen. Vor allem online würde Murdoch somit eine dominierende Position einnehmen.

Die Liste der Publikationen, die Murdoch unter seiner Kontrolle hat, ist beeindruckend; ihm gehören unter anderem die größte britische Boulevardzeitung The Sun, die einflussreiche Tageszeitung The Times, die Sonntagszeitung News of the World und der TV-Bezahlsender BskyB.

Der Umsatz der News Corporation Gruppe beträgt 9 Milliarden Pfund (10,3 Milliarden Euro). Nur zum Vergleich: Der Umsatz der  BBC  beträgt knapp die Hälfte. Zudem hat News Corp den Verlag HarperCollins geschluckt sowie weltweit, aber vor allem in den USA, Dutzende von Zeitungen, wie das Wall Street Journal, die New York Post, den Weekly Standard und den TV-Sender Fox News aufgekauft.

Es ist kein Geheimnis, dass Murdochs Medien den Ausgang der Wahlen in einigen Ländern, vor allem in Großbritannien, beeinflusst haben. Schon seit der Thatcher-Ära haben nur Kandidaten, die bei Murdoch hoch im Kurs standen, die Wahl gewonnen.

Murdoch hat viel mehr Macht als Berlusconi – nicht nur in einem Land, sondern in der gesamten westlichen Welt. Seine britischen Konkurrenten können das Risiko eines Fast-Monopols und die dadurch entstehenden substanziellen Veränderungen auf dem Zeitungsmarkt nun nicht länger leugnen.

Bislang standen große Aktienpakete unter der Kontrolle von institutionellen Investoren und Investmentfonds – in Zukunft werden sie vor allem von Murdoch kontrolliert. Solide Wettbewerber wie der Guardian oder der Daily Telegraph erscheinen im Angesicht eines Riesen wie News Corp klein und zerbrechlich und könnten vom Markt verdrängt werden.

Die britischen Herausgeber schließen sich zusammen in der Hoffnung, Murdoch aufhalten zu können, aber ihr Schicksal hängt von Premierminister David Cameron ab. Er ist, genauso wie sein Vorgänger, ein guter Freund Murdochs – eines mächtigen und einflussreichen Mannes, der trotz seiner angelsächsischen Wurzeln rachsüchtiger ist als ein Sizilianer. Und als sehr angsteinjagend angesehen wird.

Erstveröffentlichung: Il Giornale vom 13. Oktober 2010

Original-Artikel auf Italienisch: I giornali inglesi uniti contro Murdoch

Artikel auf Englisch: English Papers United Against Murdoch

Übersetzt aus dem Englischen von Tina Bettels

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