Die Kunst des positiven Lenkens

27. Oktober 2007 • PR & Marketing • von

Weltwoche, 16. Oktober 2007

Es ist leicht, in den Medien gute Figur zu machen. Man muss nur wissen, wie man mit Journalisten umgeht. Dazu ein kleines Brevier (bitte ausschneiden und in die Brieftasche stecken).

Nehmen wir Franz Steinegger zum Beispiel. Wenn Steinegger Präsident wird, ist der Misserfolg garantiert. Die FDP führte er als Präsident ins Desaster, weil er die SVP krass unterschätzte. Als Präsident der Expo 02 machte er die Schau zu einem üblen Flop. Als Präsident der Suva richtete er ein heilloses Chaos an.

Über Steinegger haben wir noch nie ein böses Wort gelesen. Nein, er ist ein «Vertrauensfaktor» (Neue Luzerner Zeitung).

Nehmen wir Marcel Ospel zum Beispiel. Wenn Ospel Präsident wird, ist der Erfolg garantiert. Und doch lesen wir nur böse Worte über ihn. Er ist der Prototyp der «Arroganz der Erfolgreichen» (Aargauer Zeitung).

Steinegger kann etwas, was Ospel nicht kann. Steinegger kann gut mit Journalisten umgehen. Wir wollen darum gern einmal erklären, wie man Journalisten richtig lenkt.

1 – Bewundern Sie die Journalisten. Der Altmeister dieser Disziplin ist immer noch Nicolas Hayek. Wenn er den Journalisten den Honig ums Maul schmiert, fühlt sich der kleinste Reporter als Nobelpreisträger. Hayek bereitet den Honig gut vor. Er zitiert zum Beispiel während des Interviews wie beiläufig aus einem früheren Artikel des anwesenden Journalisten – hei, da geht in dessen Herzen die Sonne auf.

2 – Werden Sie Informant. Berühmt werden Journalisten mit Primeurs, also exklusiven Storys. Stecken Sie darum den Journalisten regelmässig kleine und grosse Indiskretionen zu. Ein grosser Könner auf diesem Gebiet ist beispielsweise Nationalrat André Daguet. Auch rund um die jüngste Komplott-Schmiere war er immer für eine Geschichte gut. Im Gegenzug wird er in wohlwollenden Porträts als «politischer Stratege» (Tages-Anzeiger) gefeiert.

3 – Zeigen Sie Emotionen. Medienleute haben es gern gefühlig. Bis zum Swissair-Prozess war Mario Corti der übelste Schurke weitherum. Dann sprach er vor den Medien darüber, wie sehr ihm der Tod der Airline das Herz gebrochen habe. Den Journalisten schossen die Tränen in die Augen, und es schossen nun die Hommagen an den früheren Finsterling in ihre Spalten. «Corti reisst alle mit», lasen wir im Blick, nachdem er im gleichen Blatt jahrelang der «Swissair-Versager» war.

4 – Zeigen Sie Reue. Nichts lieben Medien mehr als reumütige Sünder, die aus Medienkampagnen lernen. Als Swiss-Chef Christoph Franz freiwillig auf ein Aktienpaket verzichtete, klopfte ihm die Journaille gerührt auf die Schulter. Als Oerlikon-Chef Thomas Limberger einen Teil seines Abgangssalärs retournierte, jubelte der Sonntagsblick, auch Limbergers Frau sei «glücklich über die Entscheidung». Und ein drittes Kind sei auch unterwegs.

5 – Werden Sie ein Underdog. Die Sympathie der Medien gehört immer den Kleinen, die gegen die Grossen sind. Journalisten bejubeln darum auch einen unsäglichen Populisten wie Trybol-Chef Thomas Minder, weil er gegen die grosse, böse Managerkaste antritt. Sie applaudieren auch einem selbstverliebten Querulanten wie Pfarrer Franz Sabo, weil er gegen den grossen, bösen Bischof kämpft.

Punkt 5 ist der wichtigste Hebel. Jeder hat die Chance, ein Underdog zu werden, wenn er gegen noch grössere, bösere Feindbilder antritt.

Wir zeigen das gern am Eingangsbeispiel des ungeliebten Marcel Ospel. Ospel müsste zum Beispiel nur eine tief betroffene Brandrede gegen US-Präsident George Bush und dessen Irak-Politik halten. Ideal wäre, wenn er am Ende einer solchen Tirade wörtlich sagte: «Ich schäme mich für George Bush! Ich schäme mich für die USA!»

Von Stund an würden ihn die Medien vergöttern.

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