Der albanische Medienmarkt: Zu klein zum Überleben?

8. August 2016 • Internationales, Medienökonomie • von

Albanien hat wenig Einwohner, verfügt aber über eine relativ hohe Anzahl an Medienunternehmen – diese Kombination hat die Medien in dem Land besonders anfällig für die Wirtschaftskrise gemacht. In den vergangenen Monaten mussten deshalb einige große Zeitungen und Fernsehsender eingestellt werden.

shtypshkronja_01Bis vor zwei Jahren gab es in dem Balkanstaat, in dem etwa drei Millionen Menschen leben, 22 überregionale Tageszeitungen und damit eine der höchsten Zeitungsdichten in der Region. Bis Ende 2015 sendeten zudem zwei überregionale Fernsehsender, zwei Satellitensender, ein ausländischer Sender (TV5 Monde), 66 lokale analoge Fernsehkanäle sowie 83 Kabelsender. Albanien hat zudem einen öffentlich-rechtlichen Sender (RTSH), der drei lokale Ableger hat. Des Weiteren gibt es drei Bezahlfernsehprogramme privater Sender: Digitalb, Tring und Supersport.

Im April 2015 wurden zwei Sportzeitungen, Sporti Shqiptar und Sport Plus, eingestellt. Einen Monat später wurde der viertgrößte Fernsehsender des Landes, Albanian Screen (AS), geschlossen, nachdem er drei Jahre hintereinander einen Umsatzrückgang von jeweils 30 Prozent verzeichnet hatte. Anfang 2016 wurde die Printausgabe von Shqip, der drittgrößten Zeitung Albaniens, eingestellt. Die Online-Ausgabe existiert weiterhin.

Die noch existierenden Zeitungen haben starke Einkommensverluste hinnehmen müssen. Einige haben wie Shquip ihre Geschäfte von Print zu Online verlagert: In den vergangenen zwei Jahren sind in Albanien mehr als 60 neue Websites und Portale gestartet worden, darunter viele von den bekanntesten Medien des Landes.

Kunden zahlen weniger für die gleiche Werbung

Die Haupteinnahmequelle für die albanischen Medien war und ist die Werbung, zu den zahlungskräftigsten Anzeigenkunden zählen die Telekommunikationsindustrie und Banken. Die Wirtschaftskrise, von der so gut wie alle Wirtschaftssektoren betroffen sind, hat allerdings zu einem Rückgang im Werbemarkt geführt.

Laut Angaben der Media Monitoring Firma IDRAMEDIA gingen bei albanischen Medien die Werbeeinahmen im Jahr 2015 um insgesamt zehn Prozent zurück, von 37 Millionen Euro auf 33 Millionen Euro. Wie das Wirtschaftsmagazin Monitor berichtete, hat das Unternehmen ALBtelecom, einer der größten Werbekunden des Landes, sein Werbebudget um die Hälfte gekürzt. Auch Mobilfunkunternehmen wie Vodafone und Telekom Albania (ehemals AMC) haben ihre Budgets stark zurückgefahren. Die Werbezeiten und Anzahl der Werbeplätze wurden allerdings nicht reduziert: Die Firmen haben genauso viel Werbung geschaltet, den Medien aber einfach weniger gezahlt als im Vorjahr.

Die Printmedien sind von den Kürzungen der Werbebudgets am stärksten betroffen. Laut IDRAMEDIA waren bei der Gazeta Shqiptare mit 54 Prozent und Koha Jonë mit 50 Prozent die größten Rückgänge bei den Werbeeinnahmen zu beobachten. Dita verzeichnete Einbußen von 16 Prozent, Shekulli und Shqiptarja jeweils von 15 Prozent. Nur die meistverkaufte Zeitung Albaniens, Panorama, blieb von größeren Einbußen verschont: Ihre Werbeeinahmen gingen um lediglich 3,5 Prozent zurück.

Auch bei den Fernsehsendern, auf die drei Viertel des gesamten Werbebudgets entfällt, gingen die Werbeeinnahmen zurück. Die einzige Sparte, in der im vergangenen Jahr ein Plus bei den Werbeeinnahmen verzeichnet wurde, ist Online. Allerdings entfällt auf sie nur 4,5 Prozent des Gesamtbudgets.

Albanische Medienunternehmen versuchen innovative Wege zu gehen, um einem Konkurs entgegenzusteuern. Eine Erfolgsgeschichte ist die konvergente Redaktion der 2012 gegründeten Free and Fair Media Group, die für einen TV-Sender, eine Zeitung und ein Online-Portal produziert. Laut Monitor konnte das Medienunternehmen sein Einkommen 2014 und 2015 jeweils um 60 Prozent steigern.

Einnahmen von Online-Medien sind bescheiden  

Inzwischen haben fast alle bekannten Medien in Albanien einen Online-Auftritt. Allerdings sind die Einnahmen aus dem Online-Bereich gering, da sie nur durch Werbung erzielt werden. Andere Erlösmodelle sind in Albanien noch nicht eingeführt worden.

Zudem bemängeln mehrere albanische Onlinemedien-Experten, dass global agierende Online-Giganten zwar mit albanischen Medienunternehmen gutes Geld verdienen, ihnen aber nichts dafür zurückgeben. So würden albanische Medienunternehmen viel Geld ausgeben, um in der Google-Suche gelistet zu werden oder damit ihre Facebook-Beiträge beworben werden, Dienste wie Google AdSense, mit denen kostenlos Einnahmen erzielt werden könnten, seien aber aufgrund der geringen Größe des Markts in Albanien nicht verfügbar. Google hat auch kleine Länder wie Albanien von seiner Digital News Initiative ausgeschlossen.

Im kleinen Albanien sind die Chancen, dass die Medien die Wirtschaftskrise überleben, viel geringer als in Ländern mit einer größeren Bevölkerung und einem größeren Medienmarkt.

Übersetzt aus dem Englischen von Tina Bettels-Schwabbauer

Bildquelle: EJO Albanien

 

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1 Responses to Der albanische Medienmarkt: Zu klein zum Überleben?

  1. Martin Zeise sagt:

    Der Artikel tut so als ob Albanien für die albanischen Medien ein singulärer Markt wäre. Zumindest im Bereich der elektronischen Medien müssten aber auch die albanischsprechenden Menschen in den Nachbarländern (Kosovo, Mazedonien, z. T. auch Serbien und Montenegro) berücksichtigt werden. Dann kommt man sehr schnell von 3 Millionen potenzieller Mediennutzer auf über 6 Millionen in der Region (+ noch ein paar Diaspora, an die sich ja DigitAlb auch direkt richtet).

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