Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten? Mitnichten, findet Kerstin Müller. Die Berlinerin hat den Blog „1000 Gute Nachrichten“ aufgebaut. 500 Artikel über Glück, Erfolg und positive Begegnungen sind schon geschrieben.
Die Krise in der Ukraine, der seit Jahrzehnten andauernde Nah-Ost-Konflikt, Ebola in Westafrika, der Kampf der Kurden gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat: Die Massenmedien vermitteln rund um die Uhr überwiegend schlechte Nachrichten, sei es in der Tagesschau, im Radioprogramm oder den Online-Portalen der Zeitungen. „Dabei gibt es auch so viel Gutes auf der Welt“, sagt Kerstin Müller. Um darauf aufmerksam zu machen, hat die Journalistin 2008 ihren Blog 1000 Gute Nachrichten ins Leben gerufen.„Vor sechs Jahren saß ich mit einem Freund zusammen und wir haben über Weltpolitik geredet. Uns ist dabei aufgefallen, dass wir wirklich jeden Tag mit großen Kriegen, Krisen, Katastrophen, Terror und Affären konfrontiert werden. Wir haben eine gewisse Ohnmacht gespürt“, sagt Kerstin Müller. Die Berlinerin entschließt sich, sich nicht von dieser Ohnmacht leiten zu lassen. „Ich wollte nicht jeden Abend ernüchtert ins Bett gehen. Stattdessen wollte ich mehr positive Geschichten lesen. Geschichten über Menschen, die Vorbilder sein können, die ein Projekt eben nicht gegen die Wand gefahren haben, wo ein Plan funktioniert hat. Also ein Augenmerk darauf legen, was eben nicht um 20 Uhr oder über die den Nachrichtenticker läuft“, erklärt die 31-Jährige. Nur wenige Tage nach dieser Erkenntnis gründet sie ihren Blog, der fortan von Ehrenamtlichen gefüllt wird. Mittlerweile steht die Hälfte der angestrebten 1000 online, das Halbzeit-Ziel ist erreicht.
Eins soll der Blog nicht sein: Schönfärberei
Kerstin Müller hat Journalismus an der Technischen Universität in Karlsruhe studiert und arbeitet nun als freie Redakteurin und Kommunikationsberaterin für soziale Träger. „Die gute Nachricht ist kein eigenes Genre“, erklärt sie. Für ihren Blog stellt sie dennoch einen gewissen journalistischen Anspruch. „Es soll nichts Werbliches sein und auch Spirituelles soll außen vor bleiben. Der Text braucht möglichst einen Aufhänger und eine Quelle. Oder mir selbst ist etwas passiert, im Alltag, und es lässt sich ein Fazit daraus ziehen“, sagt Müller. In erster Linie solle der Text aber zum Nachdenken anregen. Wie etwa die Geschichte eines US-Amerikaners, der kein Kleingeld für den Ticketautomat hat. Eine hinter ihm stehende Reisende rät ihm, eine Kleinigkeit im Souvenirladen zu kaufen, um einige Münzen zu bekommen. Er folgt dem Rat – und kauft der Tippgeberin als Dankeschön einen Sommerschal. Müller: „Solche Episoden öffnen die Augen für die kleinen Dinge.“
Das aktuelle Weltgeschehen will die Journalistin mit ihrem ehrenamtlichen Blog keineswegs ausblenden. „Es ist keine Schönfärberei. Aber wenn sonst niemand auf die vielen schönen Dinge aufmerksam macht, die für den klassischen Journalismus, die Tagesschau und die dpa eben keine Relevanz haben, dann müssen wir das machen“, sagt Kerstin Müller. Ihr gehe es darum, ein Gegengewicht zu erhalten, wenn negative Nachrichten zu überwiegen scheinen. „Das Stück Ohnmacht kann dadurch nicht genommen werden, aber mit Hilfe des Blogs können wir andere an guten Dingen teilhaben lassen und sie motivieren, selbst Gutes zu tun. Wenn man positiv durch die Welt geht, dann sieht man mehr positive Dinge. Es ist wie eine Bewusstseinsänderung“, so Kerstin Müller.
Außerdem wolle sie alle motivieren, Reporter zu sein. Durch Blogs und Social Media Plattformen wie Facebook sei es noch nie so einfach gewesen, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich nicht nur auf andere zu verlassen. „Wir alle gehen mit zwei Augen und Ohren durch die Welt und nehmen wahr, was um uns passiert. Wir sind nicht darauf angewiesen, wie die Medien uns die Welt präsentieren“, sagt Kerstin Müller.
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