Parkinsons Gesetz für Spin Doctors

4. September 2007 • PR & Marketing • von

Schweizer Journalist August/September 2007

Wie sehr unabhängige journalistische Berichterstattung durch PR und Spin doctoring bedroht ist, belegt das British Journalism Review anhand von eindrucksvollen Zahlen. 

Paul Routledge, Kolumnist beim Daily Mirror,  zeigt am Beispiel der britischen Gewerkschaften und der Berichterstattung über Sozialpolitik, wie sich die Gewichte verschoben haben. Mitte der 70er Jahre habe der Dachverband der britischen Gewerkschaften TUC einen einzigen Pressesprecher gehabt, die meisten anderen Gewerkschaften gar keinen. Seither habe sich die Mitgliedschaft im Interessenverband der Arbeitnehmer mehr als halbiert, dafür gebe es dort aber Dutzende von Pressesprechern. Indes finde man in den Redaktionen kaum noch Journalisten, die auf Fragen der Sozialpolitik spezialisiert seien. Eine „inverse Variante von Parkinson’s Gesetz“ glaubt Routledge ausmachen zu können: „Die Zahl der Pressesprecher erhöht sich in dem Masse, wie die gewerkschaftlichen Aktivitäten abnehmen.“

Zum anderen hat  Martin Moore, ein langjähriger Journalist, der zuletzt an der London School of Economics unterrichtet und geforscht hat, recherchiert, wie sich im britischen Regierungsapparat PR-Leute vermehrt haben: 1931 seien es noch 44 Mitarbeiter gewesen, die mehr oder weniger direkt für Kommunikationsaufgaben zuständig waren. Jetzt gebe es 3200 von ihnen – „um nicht zu reden von speziellen Consultants, grossen Kommunikationsabteilungen, einem eigenen Kommunikations-Team in der Downing Street Nr. 10, einem Werbebudget über mehr als 230 Millionen Pfund und 950 Websites, die der Regierungsapparat unterhält“.

Paul Routledge: Meeting Spin with spin, in: BJR Vol 18 Nr. 1/2007, 29-33; Martin Moore: Public Interest, media neglect, in: BJR Nr.2/June 2007, 33-40). Mehr Details finden sich im jüngsten Buch von Moore: The Origins of Modern Spin, Palgrave MacMillan, 2007). 

 

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