„Mit Selbstkritik aus der Journalismuskrise“ – zu diesem Fazit lassen sich die Beiträge von Journalisten und Wissenschaftlern bündeln, die kürzlich in Leipzig über „Probleme und Perspektiven des Medienjournalismus“ diskutiert haben. Die Medienfachzeitschrift Message hatte die internationale Tagung Ende April anlässlich ihres zehnten Geburtstags veranstaltet.
Medienjournalisten und -wissenschaftler aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Polen und den USA erörterten zwei Tage lang den aktuellen Stand des Medienjournalismus und dessen Aussichten.
Im Kern ging es bei den Diskussionen immer wieder um die Frage, was Medienjournalismus leisten kann, wie viel Kritik an der eigenen Branche in etablierten Medien „erlaubt“ bzw. möglich ist und ob sich der Medienjournalismus allmählich auf Plattformen im Internet verlagert.
Mike Hoyt, Chefredakteur der renommierten Columbia Journalism Review, nahm zur Lage des US-Journalismus Stellung und wie Medienjournalismus ihn beeinflusst. Er betonte, wie wichtig die Kritik am Journalismus ist. „Eine Demokratie braucht guten Journalismus so sehr, wie Lungen Sauerstoff brauchen. Und guter Journalismus braucht Kritik – denn sie stärkt und unterstützt ihn.“
Medienjournalisten könnten einzelne Artikel, aber auch Medienunternehmen und sogar ganze Berichterstattungsfelder der Medien kritisieren. Sie sollten auch die Diskussion über Trends in den Medien vorantreiben und erörtern, welche Entwicklungen forciert werden sollten. Nur im Zusammenspiel von gründlicher Berichterstattung und kultivierter Kritik könnten Medienjournalisten Einfluss auf den Journalismus und die Medien nehmen.
Die meisten Teilnehmer waren sich einig darüber, dass Medienjournalisten als „watchdogs“ fungieren sollten – allerdings in vollem Bewusstsein, dass Kritik unter Kollegen und vor allem am eigenen Haus nicht gern gesehen wird. Sein Image sei eines der größten Probleme, mit denen der Medienjournalismus zu kämpfen habe, sagte Kai-Hinrich Renner, Medienredakteur des Hamburger Abendblatts. Medienjournalisten kritisierten die Medien und gälten deshalb im Journalismus als „Nestbeschmutzer“. Medienjournalisten müssten lernen, es auszuhalten, dass sie „eben nicht everybody’s darling“ seien, sagte Steffen Eßbach, Chef des NDR-Medienmagazins Zapp.
Auch Perspektiven für den Medienjournalismus wurden aufgezeigt. „Mehr Mut zum eigenen Thema“ forderte Hans-Jürgen Jakobs, Chefredakteur von Sueddeutsche.de, und ehemaliger Leiter des Medienressorts der Süddeutschen Zeitung. Medienjournalisten sollten mehr recherchieren, auch investigativ, und nicht nur PR-Material verarbeiten. Zudem sollten sie nicht nur die eigene Branche als Zielgruppe ansehen, sondern die gesamte Leserschaft.
Die Keynote von Mike Hoyt gibt es hier zum Download (auf Englisch).
Weitere Einblicke in die Diskussionen während der Konferenz bietet Message auf seiner Website.
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