Die Ausweitung des Internets über Satellit ist für Regierungen und Unternehmen zu einer strategischen Priorität geworden. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden digitalen Abhängigkeit ist die Gewährleistung der Konnektivität in ländlichen oder geografisch isolierten Gebieten sowohl eine Frage des Marktes als auch der technologischen Souveränität.
Der Cyberspace – verstanden als die virtuelle Umgebung, in der Informationen über miteinander verbundene Netzwerke zirkulieren, gespeichert und verarbeitet werden – ist heute ein Feld globalen Wettbewerbs. Die Vereinigten Staaten sind in diesem Bereich durch ihre Technologiegiganten (Google, Microsoft, Meta) und auf Cyberabwehr spezialisierte Behörden wie die NSA oder das Cyber Command führend. China hat sich für ein Modell der internen Kontrolle und Cyberspionage entschieden, das durch ausgeklügelte Überwachungsmechanismen und bemerkenswerte Fälle wie APT10 oder den Angriff auf Equifax gekennzeichnet ist. Russland hat seinerseits eine Strategie der digitalen hybriden Kriegsführung perfektioniert, die Cyberangriffe, Sabotage und Desinformation kombiniert.
Die Europäische Union fördert eine kooperative Cybersicherheit, die auf der Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten basiert, um gemeinsamen digitalen Bedrohungen zu begegnen, ohne sich für eine Militarisierung des Cyberspace zu entscheiden. Dieser Ansatz stützt sich auf regulatorische und garantierende Säulen wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und wird durch die Förderung der digitalen Souveränität Europas in die Zukunft projiziert. Beispiele hierfür sind Initiativen wie GAIA-X, eine Cloud-Dateninfrastruktur, die sicher, interoperabel, offen und von Europa aus kontrolliert werden soll, und das Projekt IRIS² (Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit über Satelliten), dem europäischen Satellitenkonnektivitätssystem, das 2022 als Antwort auf Projekte wie Starlink (SpaceX) und Kuiper (Amazon) gestartet wurde (Europäische Kommission, 2022). Dieser Ansatz steht im Einklang mit internationalen Bemühungen zur Stärkung der Internet-Governance, wie beispielsweise dem in Tunesien eingerichteten nationalen Forum, das sich mit Mechanismen für Cybersicherheit und Datenschutz im digitalen Zeitalter befasst (EJO, 2017)
Trotz dieser Fortschritte warnt ein aktueller Bericht des Europäischen Instituts für Weltraumpolitik (ESPI) jedoch davor, dass Europa Gefahr läuft, im globalen Weltraum- und Technologiewettlauf ins Hintertreffen zu geraten (Herranz, P., 2025). Als Haupthindernisse werden mangelnder politischer Wille und unzureichende Finanzmittel genannt. Darüber hinaus weist er auf die Fragmentierung der Prioritäten zwischen den Mitgliedstaaten und die geringe Wahrnehmung des Weltraums als strategischer Sektor hin. Um diesen Trend umzukehren, schlägt das ESPI vor, die europäischen Weltrauminvestitionen bis 2040 auf 0,15 % bis 0,25 % des BIP der EU zu verdreifachen. Außerdem schlägt er Maßnahmen wie die Schaffung eines Europäischen Weltraumkommandos, öffentlich-private Kofinanzierungsmechanismen für Technologie-Start-ups und die Einbeziehung der Raumfahrt in wichtige Agenden wie Energiesicherheit und Verteidigung vor.
Dieser Ansatz deutet darauf hin, dass digitale Souveränität nicht allein durch interne Rechtsrahmen und Vorschriften erreicht werden kann: Sie erfordert auch eine autonome technologische Infrastruktur, eine gemeinsame strategische Vision und langfristige Weltraumambitionen.
In diesem Zusammenhang wird das durch Satellitennetze verstärkte Internet zu einer Erweiterung der digitalen Macht: Wer die Orbitalinfrastruktur kontrolliert, kontrolliert auch einen Teil des globalen Cyberspace.
Florida, Zentrum für strategische Starts
Auf der Weltraumkarte hat sich Florida aufgrund wichtiger Infrastrukturen wie dem Kennedy Space Center (NASA) und der Cape Canaveral Space Force Station als Zentrum für Starts etabliert. Diese Wahl hat sowohl technische als auch logistische Gründe. Je näher eine Rakete am Äquator gestartet wird, desto größer ist der Schub, den sie durch die Erdrotation erhält, was den Treibstoffverbrauch reduziert. Außerdem fallen bei Starts in Richtung Osten – also in Richtung der Erdrotation – die Trümmer im Falle eines Fehlschlags in den Atlantik, wodurch die Gefahr für die Bevölkerung minimiert wird.
Kuiper, Amazons Vorstoß in den Weltraum
Kuiper ist Amazons Vorstoß in den Weltraum. Amazon sieht darin eine strategische Chance, sein Geschäftsmodell zu diversifizieren und sich als solide technologische Alternative zu positionieren (Forbes., 2023)
Das Projekt wurde 2019 von Jeff Bezos über die Tochtergesellschaft Kuiper Systems LLC gegründet und hat zum Ziel, eine Konstellation von mehr als 3.200 Satelliten in der erdnahen Umlaufbahn (LEO) zu stationieren, um globale Konnektivität anzubieten. Kuiper wird innerhalb von Amazon Web Services (AWS) verwaltet und soll in die Cloud-Dienste des Unternehmens integriert werden, um eine globale digitale Infrastruktur zu schaffen.
Obwohl Bezos auch das Raumfahrtunternehmen Blue Origin gegründet hat, agieren beide Unternehmen unabhängig voneinander. Kuiper konzentriert sich auf Konnektivität, Blue Origin auf Raumtransport und Weltraumforschung.
Es gibt jedoch Synergien: Blue Origin ist einer der Startdienstleister für die Kuiper-Satelliten. Nach den ersten Prototyp-Starts im Jahr 2023 (KuiperSat-1 und KuiperSat-2) hat Amazon im April 2025 27 operative Satelliten in Betrieb genommen.
Die geschätzten Investitionen belaufen sich auf rund 16 Milliarden Dollar. Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung war die Verpflichtung von Rajeev Badyal, dem ehemaligen Vizepräsidenten des Starlink-Projekts bei SpaceX, was einen technischen und organisatorischen Schub bedeutete.
Die Konstellation von SpaceX
Starlink ist derzeit die fortschrittlichste private Initiative im Bereich der Satellitennetzwerke. Das von SpaceX – einem 2002 von Elon Musk gegründeten Unternehmen – entwickelte Projekt hat sich von einem Versprechen zu einer kommerziellen Realität entwickelt. Seit 2020 hat es weltweit an Bedeutung als Mittel zur Anbindung unversorgter Gebiete und als kritische Infrastruktur in Krisensituationen wie dem Konflikt in der Ukraine gewonnen.
SpaceX verfügt über rund 4.800 aktive Satelliten (von mehr als 7.000 gestarteten) und die kumulierten Investitionen belaufen sich auf über 10 Milliarden US-Dollar. Obwohl das Unternehmen noch andere Entwicklungen wie die Rakete Starship (entscheidend für Missionen zum Mond und zum Mars) vorantreibt, ist Starlink derzeit die wichtigste Einnahmequelle.
Starlink hat gezeigt, wie eine private Konstellation das technologische und strategische Kräfteverhältnis verändern kann, indem sie direkte Konnektivität ohne Abhängigkeit von terrestrischen Netzwerken bietet.
Digitale Infrastruktur oder geopolitische Macht?
Kuiper und Starlink symbolisieren eine neue Dimension im Weltraumrennen: den Kampf um digitale Souveränität durch orbitale Infrastrukturen. Über die Versorgung abgelegener Gebiete hinaus stellen diese Projekte Plattformen für die Kontrolle des Datenflusses, den Zugang zum Cyberspace und letztlich für die totale Macht dar.
Die Europäische Union hat mit Projekten wie IRIS² (Infrastructure for Resilience, Interconnection and Security by Satellite), einem europäischen Satellitenkonnektivitätssystem, das 2022 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen wurde, begonnen zu reagieren. Sie steht jedoch weiterhin vor der Herausforderung, eine eigene Infrastruktur aufzubauen, um unter gleichen Bedingungen konkurrieren zu können. Die globale Konnektivität hängt nicht mehr nur von Unterseekabeln und Bodenantennen ab.