Wie westliche Medien TikTok nutzen um die Generation Z zu erreichen

4. September 2023 • Aktuelle Beiträge, Digitales • von

Die schnelle Übernahme des chinesischen TikTok durch westliche Medien ist ein wichtiger Schritt, um das Publikum der Generation Z anzusprechen. Einem Artikel des Reuters Institute for the Study of Journalism zufolge verlieren soziale Netzwerke der ersten Generation wie Facebook und Twitter ihr Publikum zugunsten von noch „unbeschwerteren“ Plattformen wie TikTok.

Bildquelle: Pexel

Mit mehr als einer Milliarde aktiver täglicher Nutzer ist TikTok eines der am schnellsten wachsenden sozialen Netzwerke. Es ist auch die am häufigsten heruntergeladene mobile App. Abgesehen von Spielen. Vom TIME Magazine wurde die Social-Media-Plattform als eines der 100 einflussreichsten Unternehmen des Jahres 2023 gekürt.

Laut einer Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism wurden die Trends von TikTok stark von den COVID-19-Sperrmaßnahmen beeinflusst. Aus dem kürzlich veröffentlichten Digital News Report 2023 geht hervor, dass die Plattform in einigen osteuropäischen Ländern ein erhebliches Wachstum erfahren hat, und der anhaltende Konflikt in der Ukraine hat ihre Bedeutung weiter verstärkt.

Potenzial zur Einbindung des Publikums

Einige Jahre nach dem Start von Tiktok begannen die traditionellen Medienorganisationen, das Potenzial der Plattform zu erkennen, und die meisten von ihnen sind ihr inzwischen beigetreten. Laut einer Umfrage des Reuters Digital News Project veröffentlicht fast die Hälfte der bekanntesten Medienunternehmen in 44 Ländern regelmäßig nachrichtenbezogene Inhalte auf ihren TikTok-Konten, trotz Bedenken hinsichtlich der chinesischen Eigentümerschaft und des Schutzes der Kundendaten.

Dazu gehört auch die Deutsche Welle (DW), die im Sommer 2020 eine erste Pilotphase auf TikTok startete. Auf diesem experimentellen Account wurden Inhalte aus den Bereichen Lifestyle und Kultur präsentiert. Zwei Jahre später wurden neun regionale Konten eingerichtet, die auf die jeweilige Sprache und den Standort zugeschnitten sind. Allerdings bestimmt der Markt, wie TikTok genutzt wird.

“Es war eine Menge Lernen und Wiederholen oder auch Lernen und Scheitern… weil man die Gen Z nirgendwo anders findet als auf TikTok. Ich habe das Gefühl, dass die Generation Z in gewisser Weise die Agenda für die Medien bestimmt, weil wir gesehen haben, dass sie sich für den Klimawandel und soziale Gerechtigkeit interessiert und weniger für Wirtschaft und Finanzen”, sagt Erika Marzano, Projektleiterin für Publikumsentwicklung bei der DW. Gleichzeitig gestalten aber auch weiterhin die traditionellen Medien die Agenda, indem sie dem jungen Publikum etwas von den Inhalten bieten, die dieses fordert, aber mit ihrem eigenen Blickwinkel.

Die “neuen” Nachrichten

Wie Marzano erklärt, stellen die Nutzer:innen auf TikTok Fragen und diskutieren über die Themen, was ein Zeichen dafür ist, dass sie sich nicht nur Videos ansehen, sondern auch interagieren. Sie sagt, dass “harte Nachrichten”, wie die Zahl der Entführungen in Nigeria, auf TikTok nicht gut ankommen – viel besser laufen kontroverse soziale Diskussionen, wie die über das Leben der Juden in Deutschland. TikTok ist ein Ort, an dem Reporter Sachverhalte erklären, Zusammenhänge aufzeigen, tiefer in Geschichten einsteigen und zudem ihre Persönlichkeit zeigen können.

“Es geht um das richtige Storytelling, also nicht nur um die Nachrichten an sich. Man erklärt, und das ist die “neue” Nachricht, denn die jüngeren Leute wollen nicht nur informiert werden. Sie müssen aufgeklärt werden”, fügt Marzano hinzu.

Der Erfolg von TikTok hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von den kurzen, vertikalen Videos und einem Algorithmus, der das Interesse der Nutzer:innen vorhersagt. Im Gegensatz zu anderen Social-Media-Websites ist keine große Anzahl von Follower:innen erforderlich, um erfolgreich zu sein. Das Wichtigste ist, dass regelmäßig Videos gepostet werden, und es werden persönlichkeitsbezogene Ansätze bevorzugt.

TikTok-Strategien

Dennoch hat jedes Medienunternehmen seine eigene TikTok-Strategie. Die LA Times zum Beispiel hat einen kreativen Ansatz gewählt, indem sie eine Gruppe namens 404 zusammengestellt hat, deren Aufgabe es ist, ein jüngeres und vielfältigeres Publikum anzusprechen. The Economist konzentriert sich auf eine eklektische Strategie mit Politikern und Karikaturisten.

Im Gegensatz zu den Verlegern haben bekannte Moderatoren wie Jake Tapper und Max Foster von CNN, sowie Victoria Derbyshire von der BBC TikTok schon viel früher für sich entdeckt und eine große Fangemeinde aufgebaut.

Interessant ist jedoch, dass TikTok zwar in den westlichen Medien erfolgreich ist, Regierungen und konventionelle Medien jedoch weiterhin Bedenken wegen Fehlinformationen und Sicherheitsverletzungen haben. Diese Bedenken und die wahrscheinlichen Verbindungen der App zur Kommunistischen Partei Chinas führten zu Beschränkungen durch die US-Regierung und zu einem gründlichen Verhör des TikTok-CEO Shou Chew während einer Kongresssitzung.

Chew argumentierte, dass die Plattform diese Bedenken ernst nehme: “Unser Ansatz war nie, diese Bedenken abzutun oder zu bagatellisieren. Wir sind ihnen mit echten Maßnahmen begegnet><“.

Zahlreiche Regierungsstellen, darunter die Regierungen von Großbritannien, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Taiwan und Frankreich, sowie Organisationen wie die Europäische Kommission, der Rat der Europäischen Union, das Europäische Parlament, der Europäische Auswärtige Dienst und der Europäische Rechnungshof haben ebenfalls TikTok-Beschränkungen für ihre Geräte durchgesetzt. Afghanistan, Indien und Pakistan haben landesweite Verbote für die Anwendung verhängt. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die staatlichen Einschränkungen auf das Wachstum der Plattform auswirken.

 

Dieser Artikel erschien zunächst auf der englischen EJO-Website im Rahmen der Reihe „Student Perspective“.

“Student Perspective” ist eine Reihe des englischsprachigen EJO, die die Arbeit von Journalistikstudent:innen vorstellt. Sie soll Student:innen eine Plattform bieten, um ihr Profil zu schärfen und zu Diskussionen über Trends und andere wichtige Themen in der Medienbranche beizutragen.

Übersetzt aus dem Englischen von Johanna Mack.

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