Das EJO hat sich umgehört auf der Konferenz “Journalism 2020” in Wien – wie wird sich Journalismus in den nächsten zehn Jahren verändern? Den Anfang in unserer Interviewreihe über die Zukunft des Journalismus macht Philip Meyer, Autor von “The Vanishing Newspaper”.
Wie wird sich der Journalismus Ihrer Meinung nach in den nächsten zehn Jahren verändern?
Keine Ahnung – ich kann kaum die derzeitigen Veränderungen verfolgen. Aber ich glaube, dass man viel herumexperimentieren wird. Verschiedene Dinge werden ausprobiert werden, und aus einem Prozess der „natürlichen Auslese“ wird dann das Mediensystem der Zukunft hervorgehen. Ich hoffe nur, dass das zukünftige Mediensystem mit den demokratischen Idealen vereinbar sein und die Demokratie unterstützen wird. Denn die neuen Medien eröffnen gleichzeitig Gefahren und Chancen. Ich sehe der Zukunft des Journalismus hoffnungsvoll entgegen – und zugleich auch ängstlich.
Wovor genau fürchten Sie sich?
Die neuen Medien ermutigen einen geradezu, sich nur mit Informationen auseinanderzusetzen, die einen unmittelbar betreffen und von Menschen produziert werden, die genauso denken wie man selbst. Die Demokratie baut aber auf Konsens – und dieser wird nicht erreicht, wenn sich die Menschen nur mit sich selbst und ihren unmittelbaren Interessen beschäftigen. Die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, für gemeinsame Überlegungen und Kompromisse werden damit stark eingeschränkt. Ich befürchte, dass die neuen Medien Kompromisse verhindern. Dem muss man gegensteuern, die Frage ist nur wie. Ich werde darauf keine Antwort mehr finden, aber vielleicht ja einer meiner Studenten.
Kann Qualitätsjournalismus dennoch überleben?
Unter Qualitätsjournalismus verstehe ich einflussreichen Journalismus, der im öffentlichen Interesse ausgeübt wird. Das World Wide Web hat ihn meiner Meinung nach zweifach untergraben: Erstens ist Werbung im Internet deutlich billiger, weshalb die traditionelle Finanzierungsquelle des Qualitätsjournalismus nicht mehr sprudelt.
Zweitens nimmt im Internet das Informationswirrwarr zu und macht es für den Qualitätsjournalismus schwieriger, seine Zielgruppe zu erreichen. In den USA geht man das erste Problem schon mit innovativen Formen der Finanzierung an. Aber das Problem, überhaupt eine aufmerksame breitere Öffentlichkeit zu erreichen, bleibt bestehen.
Schlagwörter:Journalism 2020, Online-Journalismus, Phil Meyer