Eigenplagiat

18. Mai 2012 • Digitales • von

Dank der unbegrenzten Kopiermöglichkeiten scheint sich eine ganze Generation ums Copyright kaum noch zu scheren.

Eine Partei, die in Deutschland inzwischen einen Landtag nach dem anderen kapert, bekennt sich sogar mit ihrem Namen zu derlei Piraterie. Google und manche seiner Aktionäre sowie Web-Pioniere wie Ariana Huffington sind steinreich geworden, indem sie mit geistigem Eigentum ziemlich salopp umgehen.

Dagegen gerieten namhafte Politiker und Persönlichkeiten von Karl Theodor zu Guttenberg über Silvana Koch-Mehrin und Margarita Mathiopoulos bis hin zu Annette Schavan ins Straucheln, weil sie geistiges Eigentum nicht respektierten, sprich: bei ihren Doktorarbeiten geschummelt und von Dritten abgeschrieben haben. Das alles ist schon skurril genug, doch seit einigen Monaten eskaliert der Streit um Plagiate im Wissenschaftsbetrieb in geradezu bizarrer Weise. Bruno Frey zum Beispiel, einem weltberühmten Ökonomen aus Zürich, werfen seine Kollegen „Eigenplagiate“ vor. In leicht abgewandelter Form hat er seine Erkenntnisse in mehreren Zeitschriften veröffentlicht, um eine größere Wirkung zu erzielen. Dies verstößt in der Tat gegen eine Regel, der zufolge ein Wissenschaftler seine Forschungsergebnisse nur einmal veröffentlichen darf. Diese Vorschrift ist allerdings hoffnungslos antiquiert.

Jeder, der in Zeiten des Internets auf sich und seine Arbeit aufmerksam machen möchte, muss so oft wie irgend möglich viele Kanäle nutzen. Ohne solches Recycling kann niemand in der Aufmerksamkeitsökonomie überleben, deren Grundregeln der Wiener Sozialforscher Georg Franck bereits vor Jahren sehr klug beschrieben hat. Auch Wissenschaftler sind auf vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten angewiesen. Zum Schluss deshalb ein Geständnis aus Solidarität zu Bruno Frey: Auch der Hinweis auf Franck in diesem Kommentar ist ein Eigenplagiat.

Erstveröffentlichung: Die Furche Nr. 20/2012

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