Dänische Studie skizziert Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des dänischen Mediensystems.
In einer kürzlich erschienenen Fallstudie haben Rasmus Helles, Henrik Søndergaard und Ida Toft von der Universität Kopenhagen (UCPH) gemeinsam mit dem MEDIADEM-Projekt untersucht, ob die Medienpolitik in Dänemark die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien fördert. Laut der Wissenschaftler ist die dänische Medienpolitik zwischen zwei Wünschen hin- und hergerissen: „Dem Wunsch, die Vielfalt der Medieninhalte zu bewahren und anzukurbeln und dem Wunsch nach unabhängigen Medien, die ihre demokratische Aufgabe in der Gesellschaft erfüllen.“
In dem Bericht „Fördert Medienpolitik die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien?“ wird die dänische Medienlandschaft ausführlich beschrieben. Die Autoren weisen dabei vor allem darauf hin, dass das Subventionssystem der Medien das Hauptziel von Reformen sein sollte. Obwohl es für alle wichtigen Beteiligten des Medienmarkts eindeutig sei, dass das Subventionssystem der Medien verbessert werden müsse, sei es schwierig sich zu einigen. Während der Reformprozess immer komplizierter und bürokratischer werde, bleibe es das Hauptziel, ein unabhängiges Mediensystem in Dänemark zu fördern.
Das Mediensystem
Helles, Søndergarrd und Toft erklären die Komplexität der dänischen Medienpolitik mit dem Vorhandensein mehrerer Zusatzfaktoren. So sei der Medienmarkt in Dänemark wegen seiner geringen Größe einzigartig. Seine Größe führe zur Entstehung eines zerbrechlichen Systems, das auf Privatisierung und Förderungen mit öffentlichen Geldern angewiesen sei. Kern dieses Systems sei die Notwendigkeit, dass die Medien pluralistisch und unabhängig zugleich blieben, was im digitalen Zeitalter immer schwieriger werde.
Die momentan auftretenden Störungen des Marktes hätten die Konkurrenz zwischen den öffentlichen und privaten Medien erhöht, wodurch ein System, das bisher immer harmonisch funktioniert habe, zerrüttet werde. Wie in vielen Medienmärkten weltweit belaste die Digitalisierung den Rundfunk und die Printmedien, da die Öffentlichkeit immer weniger bereit sei, für Inhalte zu bezahlen. In der Vergangenheit hätten mit öffentlichen Geldern finanzierte Rundfunkanstalten und privat finanzierte Printmedien unabhängig voneinander existiert. Seit der Medienmarkt aber kleiner werde, sei es nicht unüblich, auch Rundfunkmedien zu privatisieren. Der Kampf um Medienkonsumenten werde damit vor allem bei den privaten Medienunternehmen immer härter.
In der MEDIADEM-Fallstudie wird auch darauf hingewiesen, dass die Beziehung zwischen Pluralismus und Meinungsfreiheit komplex ist. Obwohl Pluralismus Zustimmung und Unterstützung findet, weil dadurch freie und offene gesellschaftliche Debatten ermöglicht werden, gibt es auch Vertreter, die sich dafür einsetzen, dass Fördermittel für Medien reduziert werden. Sie argumentieren, dass ein System, das Pressekanäle finanziell unterstützt, der Unabhängigkeit der Medien widerspricht.
Reformen und Ziele
Helles, Søndergarrd, und Toft betonen, dass das System der öffentlichen Finanzierung der dänischen Medien zwar notwendig, der Prozess jedoch mühselig und durch sehr viel politisches Getue gekennzeichnet sei. Das derzeitige System, das sich beim sparsamen Verteilen der öffentlichen Gelder an Vertriebszahlen orientiert, könne keine zulässige Option mehr sein.
Über neue Initiativen in der Medienpolitik verhandeln dänische Parteien mit Hilfe des sogenannten Drei-Stufen-Prozesses. Er beginnt mit Konferenzen und Treffen zwischen Parteien und Vermittlern, dann wird ein Vorschlag des Kulturministeriums formuliert und schließlich verhandeln das Kulturministerium und die Sprecher der jeweiligen Parteien. Obwohl Einwände seitens der öffentlichen und politischen Vertreter vorgebracht werden können, werden Veränderungen nur sehr selten vorgenommen. Kommt es in seltenen Fällen doch zu Veränderungen, betreffen diese meistens die Finanzierung der unterschiedlichen Pressekanäle und die Programminhalte.
Obwohl bisher nur wenige Vorschläge über Finanzierungsreformen gemacht wurden, legt der vor kurzem erschienene dänische Medienbericht „Förderung der Demokratie: Die Zukunft der öffentlichen Medienförderung“ (Dyremose, 2011) nahe, dass nicht Auflagenzahlen, sondern die Nachrichtenproduktion ausschlaggebend für die Verteilung der Subventionen sein sollten.
Dieser Bericht, verfasst von einem Komitee, das ein neues Medienförderungsmodell entwickeln sollte, skizziert ein System, das Journalisten unmittelbar unterstützen und gleichzeitig Zeitungsproduktionen subventionieren kann. Diese Reformen wurden nicht nur deshalb vorgeschlagen, weil die Zeitungen nach wie vor 70 Prozent der Nachrichteninhalte in Dänemark liefern, sondern auch weil dies sinnvoller erschien, als Komitees zu gründen, die über die Fördermittel bestimmen.
Bei einer solchen direkten Verteilung der öffentlichen Gelder an Journalisten und Printnachrichten könnten die Medien ihre Unabhängigkeit bewahren und gleichzeitig politische Eingriffe umgehen.
Wäre die Finanzierung nicht mehr von den Auflagenzahlen abhängig, könnten laut der MEDIADEM-Studie zusätzlich die Beschränkungen beim Markteintritt, die vom „alten, Plattform-spezifischen System“ auferlegt wurden, gelockert werden.
Kritiker, inklusive der Behörde für Wettbewerb und Verbraucherschutz, geben zu bedenken, dass dies zu einem noch überfüllteren Markt führen könnte, in dem die großen Medienunternehmen einen größeren Teil der Fördergelder bekommen würden.
Am Ende des Berichts weisen die Autoren auf den Einfluss der Medienpolitik der Europäischen Union auf die heutigen Regelungen der dänischen öffentlich-rechtlichen Medien hin: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird nach wie vor als Grundstein der dänischen Medienpolitik und auch der dänischen Kulturpolitik angesehen.“
Übersetzt aus dem Englischen von Miryam Nadkarni
Schlagwörter:Dänemark, Freiheit, Mediadem, Mediensystem, öffentlich-rechtlicher Rundfunk, privater Mediensektor, Reformen, Subventionen, Unabhängigkeit