Schlammschlacht um Medienreform in Australien

12. April 2013 • Medienpolitik, Pressefreiheit • von

Von den Vorschlägen der australischen Regierung zu insgesamt sechs Medienreformen, die unter anderem für mehr Medien- und Meinungsvielfalt in dem Land sorgen sollten, sind schließlich nur zwei vom Parlament gebilligt worden. Grund für diese magere Bilanz könnte die Schlammschlacht sein, die ob der Vorschläge losgebrochen war.

Eines der geplanten Gesetze, das am kontroversesten diskutiert und schließlich auch abgelehnt wurde, sah die Einführung einer offiziellen Medienaufsicht (Public Interest Media Advocate) vor, die über australische Medienselbstkontrollgremien wie z.B. den Presserat wachen sollte. Sie sollte einen allzu monopolistischen Medienmarkt verhindern, indem sie bei einer geplanten Übernahme eines Medienkonzerns entscheiden sollte, ob diese im nationalen Interesse der Meinungsvielfalt wäre.

Der hysterische Aufschrei der Medien über diesen Vorschlag ist der beste Beweis dafür, dass eine ernsthafte Debatte über Medienregulierung und über die Besitzverhältnisse im australischen Medienmarkt dringend nötig ist.

Viele australische Medien warfen der Regierung eine autoritäre Haltung vor und sprachen von einer „drakonischen“ und „direkten Attacke auf die Meinungsfreiheit“ sowie von einem Versuch, die „Medien zu kontrollieren“. Der australische Minister für Kommunikation Stephen Conroy wurde vom Daily Telegraph in Sydney in einen Topf mit Despoten und Diktatoren geworfen: Die Boulevard-Zeitung zeigte ihn auf ihrem Cover mit Stalin, Mao, Castro, Kim, Mugabe und Ahmadinejad.

Crikey

Crikey-Auswertung

Die Online-Zeitung Crikey wertete die Berichterstattung über die neuen Medienreformen eine Woche nach deren Vorstellung aus und kam zu dem Schluss, dass 100 von 150 Artikel, die zum Thema in den sechs wichtigsten Zeitungen des Landes erschienen waren, einen negativen Tenor hatten.

Während viele Medienmacher die vorgeschlagene Medienreform als einen unzulässigen Eingriff der Regierung betitelten oder dahinter die Absicht vermuteten, einen Presse-Zaren zu installieren, bezeichneten australische Branchen-Experten dieselben Regelungen als „windelweich und zu wässrig“.

Laut Tim Dwyer, Dozent für Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Sydney, sind momentan 98 Prozent der australischen Medien in den Händen von drei Medienkonglomeraten: News Limited, Fairfax Media und APN News and Media. Im Vergleich zur Medienvielfalt in anderen Demokratien erscheint das wie ein Armutszeugnis für Australien. In Großbritannien sind 62 Prozent aller Medien in der Hand von drei Großkonzernen, in den USA ist die Konzentration weitaus geringer: Die drei größten Medienunternehmen halten dort zusammen lediglich Marktanteile von insgesamt 26 Prozent. Der australische Kommunikationsminister Conroy sagte in einem Interview mit dem öffentlichen Rundfunksender ABC, man könne sich keine weitere Konzentration im Medienmarkt mehr leisten, sie sei schon eine der extremsten der Welt.

Der australische Presserat zeigt sich geteilter Meinung. Sein Vorsitzender Professor Julian Disney befürwortet eine gesetzlich festgelegte Aufsicht, „solange sie nur bestimmte Leitlinien und Orientierungspunkte setzt und die Arbeit der Medien objektiv bewertet und beobachtet“.

Auch Barrie Cassidy, politischer Reporter des öffentlichen Rundfunksenders ABC sagte, eine Reform der australischen Medienlandschaft sei „keine Attacke auf die Pressefreiheit“, sondern müsse „allgemeiner Konsens“ sein.

Fest steht jedoch, dass auch die australische Regierung eine gewisse Mitschuld daran trägt, dass von sechs Medienreformen vier scheiterten. Sie hatte die Einführung der Reformvorhaben von Anfang an schlecht gemanagt und sie dem Parlament erst eine Woche vor seiner Sitzung vorgestellt.

Die beiden Reformen, die von der Regierung durch das Parlament gebracht worden, riefen vergleichsweise wenig Widerspruch hervor. Ein Mediengesetz wird die Anzahl der Sendelizenzen für private TV-Anstalten limitieren und damit die Gründung eines vierten privaten TV-Senders verhindern. Die andere Reform sieht eine Modernisierung der  Chartas der beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ABC und SBS vor, in denen verankert werden soll, dass sie nicht nur Radio- und TV-Inhalte, sondern auch Online-Inhalte anbieten.

Eine bislang nicht gebilligte Reform soll ein geltendes Gesetz außer Kraft setzen, das bislang vorsah, dass regionale und lokale Rundfunksender nicht mehr als 75 Prozent der Zuschauer und Hörer in Australien erreichen. Sollte dieses Gesetz falle, so der Chef des Rundfunksenders Network Ten, Hamish McLennan, ermutigte dies große Medienkonzerne zur Übernahme regionaler Sender. „Dann würden wir“, so McLennan, „eine automatische Reduzierung der Medienvielfalt erleben.“

Originalversion auf Englisch: Australian Media Reform a Complex Beast

Übersetzt aus dem Englischen von Karen Grass

Ergänzt von Tina Bettels

Photo credits: mudei para / Flickr CC

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