Welche Blätter in der Schweiz haben massiv an Auflage verloren und welche nicht? Das Muster ist gut erkennbar.
Die erste Gratulation geht an die Ordensschwestern des heiligen Paulus in Freiburg. Sie haben eine gesegnete Hand.
Die Nonnen waren seit der Jahrtausendwende der Hauptaktionär der Freiburger Nachrichten. Ihr Blatt gehört zu den ganz wenigen Titeln, die seitdem nicht an Auflage verloren haben.
Die zweite Gratulation geht an Verleger Peter Wanner. Seine Basellandschaftliche Zeitung ist der einzige Tagestitel, der sogar leicht an Auflage zugelegt hat. Er profitierte auch von Wechsellesern, denen die Basler Zeitung nicht mehr schmeckte.
Ende August wurden die neusten Auflagezahlen der Schweizer Presse publiziert. Interessant daran ist der langfristige Trend. Er erlaubt eine übergreifende Interpretation.
Schauen wir erst, welches die erfolgreichsten Titel dieses Jahrtausends sind.
Titel | Auflage 2001 | Auflage 2017 | in % |
Basellandschaftliche Zeitung | 25 000 | 26 000 | +4 % |
Freiburger Nachrichten | 16 000 | 16 000 | +0 % |
Schweizer Familie | 156 000 | 148 000 | – 5 % |
Luzerner Zeitung | 134 000 | 118 000 | – 12 % |
Beobachter | 335 000 | 293 000 | – 13 % |
Glückspost | 170 000 | 145 000 | – 15 % |
Walliser Bote | 27 000 | 20 000 | – 26 % |
Schaffhauser Nachrichten | 26 000 | 19 000 | – 27 % |
Wenn es ein Erfolgsrezept in der Presse gibt, dann ist das die unbeugsame Lesernähe. Für die Erfolgsblätter aus dem Baselbiet und aus Freiburg zählt nur der konsequente Lokalbezug. Ebenso ist es bei den Blättern aus Luzern, Schaffhausen und Visp. „Nichts gegen Trump“, ist die Devise, wichtiger aber ist der Trachtenverein.
Dasselbe Erfolgsmuster zeigt sich auch bei den erfolgreichen Magazinen. Auch sie haben nie die Erdnähe und den Bezug zu ihrer Zielgruppe verloren. Bei der Schweizer Familie ist das die Ausrichtung auf helvetische Stoffe, bei der Glückspost die Pflege der nationalen Prominenz und beim Beobachter die Leserberatung.
Schauen wir nun, welches die erfolglosesten Titel dieses Jahrtausends sind.
Titel | Auflage 2001 | Auflage 2017 | in % |
Basler Zeitung | 110 000 | 46 000 | – 58 % |
Blick | 309 000 | 136 000 | – 56 % |
Sonntagsblick | 336 000 | 163 000 | – 52 % |
Landbote | 47 000 | 26 000 | – 45 % |
Tages-Anzeiger | 250 000 | 149 000 | – 40 % |
Zürichsee- Zeitung | 47 000 | 28 000 | – 40 % |
Neue Zürcher Zeitung | 170 000 | 104 000 | – 39 % |
Schweizer Illustrierte | 254 000 | 156 000 | – 39 % |
Hier geht die Interpretation in die gegenteilige Richtung. Massiv an Auflage verloren haben jene Titel, die auch die Orientierung auf die Leserschaft eingebüßt haben. Deutlich wurde das etwa bei der Blick-Gruppe, die über die letzten sechzehn Jahre etwa achtmal das Konzept gewechselt hat. Da ziehen auch treue Leser nicht mehr mit.
Ähnlich sieht es bei der Basler Zeitung aus. Fast die Hälfte ihres Auflageverlustes fuhr sie schon vor 2010 ein, als sie linksgrüne Optik statt lesernahe Objektivität lieferte. Als dann der konservative Markus Somm den Kurs um 180 Grad korrigierte, ging die Entwurzelung der Leser genauso weiter.
Ein Fall für sich sind auch die Regionalblätter Landbote und Zürichsee-Zeitung. Sie müssten gute Werte aufweisen, weil sie sich stark auf den lokalen Markt ausrichten. Doch hier goutierten die Leser nicht, dass die beiden Blätter vom Tages-Anzeiger-Verlagshaus übernommen wurden. Sie zweifeln seitdem an deren Unabhängigkeit. Auch das ist Leserferne.
Fazit: Je mehr Lesernähe im Blatt steckt, desto größer sind seine Chancen.
Erstveröffentlichung: Weltwoche vom 7. September 2017
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