St. Galler Tagblatt, 11. Januar 2008
Kriminelle, ausländische Jugendliche sind böse. Nicht weil das Christoph Blocher sagt. Nicht weil das Ausländerthema Wahlkampfschlager 2007 in der Schweiz war.
Die Angst geschürt
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Den Takt gab die SVP vor, ermittelte eine Zürcher Forschergruppe. Sie bediente mit Orchestrierung von Plakatkampagnen, Versammlungen und Positionspapieren die Medienlogik. Die anderen Parteien sprangen auf und die Medien spitzten zu: Ihre anhaltenden Reaktionen auf die SVP hielten das Fremden-Thema auf der Tagesordnung.
Und sie schürten die Angst, zeigt das Sorgenbarometer: Viele fühlen sich bedroht von Fremden. Obwohl die Jugendgewalt nicht stieg. Obwohl Blocher – nach den Wahlen – das Ausländerproblem der Schweiz im internationalen Vergleich als klein bezeichnete.
Das Rad dreht sich weiter: Die Unterschriften für die Ausschaffungsinitiative der SVP sind fast beisammen. Blocher fand in Roland Koch, Christdemokrat, Wahlkämpfer und Ministerpräsident in Hessen, ein Alter Ego. Nach einem Überfall ausländischer Jugendlicher auf einen deutschen Rentner will Koch die «multikulturelle Verblendung» in Deutschland beenden. Die «Bild»-Zeitung startete mit prügelnden arabischen Jugendlichen, die die Polizei frei liess, eine Serie gegen Fremde. Höchstgefährlich!
Ach, wie beruhigend, dass die Ausländerkommission die Schweizer Journalistinnen und Journalisten nun mit Ratschlägen wappnet: Rückt die erfolgreiche türkische Unternehmerin ins Blatt und den Tore schiessenden Farbigen; bringt endlich einen Migranten in die Seifenoper! Genial.
Wieso nur einen?
Doch wieso nur einen? Alle. Kriminelle Ausländer könnten kriminelle Ausländer spielen, ihre Verbrechen dabei aufarbeiten und wären weg von der Strasse, Vergewaltiger läutern sich bei sanfter Musik vor laufender Kamera im offenen Liebes-Vollzug. Die Seifenoper ist unser aller Rettung! Eine saubere Alternative zur Wirklichkeit! Unterhaltsamer als eine bürgerorientierte Profi-Journaille! Kriminell lieb!