Unabhängigkeit stärkt Vertrauen

15. Dezember 2020 • Internationales, Qualität & Ethik • von

Öffentlich-rechtliche Medien stehen weltweit immer stärker unter Druck: Staat und Politik versuchen Einfluss zu nehmen, eine globale Pandemie hält an und eine Flut von Fake News verdrängt faktenbasierte Nachrichten. Wie können sich öffentlich-rechtliche Medien durchsetzen? Darüber wurde vergangene Woche bei der World Press Freedom Conference 2020 der UNESCO diskutiert.

„Öffentlich-rechtliche Medien müssen stärker zusammenrücken.“  So fasste Moderatorin Sally-Ann Wilson, Generalsekretärin der Commonwealth Broadcasting Association, die Erkenntnisse der Podiumsdiskussion zusammen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung  sei die Public Media Alliance (PMA), in der sich öffentlich-rechtliche Medien aus mehr als 50 Ländern weltweit zusammengeschlossen haben. Auch das ZDF ist Mitglied der PMA.

Die Ergebnisse des diesjährigen Digital News Report des Reuters Institute for the Study of Journalism lassen zumindest hoffen: Die Hauptnachrichten von ARD und ZDF sind die beiden Angebote mit den höchsten Vertrauenswerten unter den Befragten.

Trotzdem zeigen die weltweiten Entwicklungen, dass öffentlich-rechtlicher Journalismus immer stärkerem Druck ausgesetzt ist, sei es von Seiten der Politik oder aufgrund der Flut an Fake News rund um das Coronavirus. Wie kann also öffentlich-rechtlicher Journalismus unabhängig sein und bleiben?

„Wir dürfen den Menschen nicht vorgeben, was sie denken sollen. Jeder muss sich seine eigene Meinung bilden können und dürfen“, sagt Cilla Benkö, Generaldirektorin von Sveriges Radio, der öffentlich-rechtlichen Hörfunkanstalt in Schweden. Sie betont, dass unabhängige öffentlich-rechtliche Medien die Demokratie fördern. Um das Vertrauen in sie zu stärken, sollten sie ihr Publikum mehr integrieren – zum Beispiel über soziale Medien. „Wir sollten Medien mit der Gesellschaft machen, nicht nur für die Gesellschaft“, so Benkö. Sie weist daraufhin, dass die schwedischen öffentlich-rechtlichen Medien in der Bevölkerung bereits ein hohes Vertrauen genießen und betont, dass während der Corona-Pandemie dieses Vertrauen sogar noch gestiegen sei.

Einblicke aus Europa, Afrika und Australien

Cilla Benkö kritisiert zudem, dass weltweit immer mehr große Konzerne Medienunternehmen aufkauften und damit immer mehr Einfluss auf die Medien nähmen. Zusätzlich hätten durch die anhaltende Pandemie viele freie Journalisten ihren Job bzw. Aufträge verloren. Einige seien dann zu Datenkonzernen wie Amazon, Google oder Facebook  gegangen und hätten damit auch den Einfluss der Unternehmen auf die unabhängigen Medien gestärkt.

Amin Alhassan, Generaldirektor der Ghana Broadcasting Corporation, kritisiert, dass Privatmedien in Afrika oft öffentliche-rechtliche Medien attackierten. In vielen afrikanischen Staaten nehme zudem die Politik oder der Staat besonders viel Einfluss auf die Medien. Alhassan wünscht sich in diesen Ländern mehr Medienkompetenz und Akzeptanz von Seiten der Regierung für unabhängige Medien.

Ähnlich kritisch sieht Sanja Mikleušević Pavić, TV-Journalistin bei der öffentlich-rechtlichen kroatischen Rundfunkanstalt HRT und Vertreterin des kroatischen Journalistenverbands die Medienlandschaft in Kroatien, wo viele Medien unter staatlicher Kontrolle stehen und  Zensur durch die Politik erfahren. „Wenn wir Politiker in Frage stellen, stellen sie gleich uns und unsere Arbeit in Frage. Wir müssen für unabhängigen Journalismus in unserem Land kämpfen“, sagte sie in der Diskussionsrunde

Wesentlich freier sind die Medien in Australien. Gaven Morris, Director News, Analysis & Investigations bei ABC Australia, unterstreicht die gesellschaftliche Verantwortung, die öffentlich-rechtliche Medien für die Gesellschaft haben. Es sei wichtig, alles daran zu setzen, so viele Menschen wie möglich mit vertrauenswürdigen Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Medien zu erreichen.

Neues Forschungsprojekt soll Wirksamkeit von Anti-Fake-News-Maßnahmen untersuchen

Jamie Angus, Direktor der BBC World Service Group in London, nahm die Diskussionsrunde zum Anlass, den Start eines neuen Projekts anzukündigen, das Mitgliedern der Trusted News Initiative (TNI) helfen soll, ein Verständnis für die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Bekämpfung von Fehlinformationen zu entwickeln. Die TNI besteht seit 2019 und wurde von News-Produzenten und Tech-Firmengegründet, um Nutzer vor Falschinformationen durch verbreitete Fake News zu schützen. Zu den Mitgliedern zählen die AFP, BBC, CBC/Radio-Canada, die Europäische Rundfunkunion, Facebook, Financial Times, Google, YouTube, Microsoft, Reuters, Twitter, das Wall Street Journal und die New York Times.

Die BBC World Service Group werde ein Forschungsprojekt finanzieren, erklärte Angus, das vom Reuters Institute for the Study of Journalism in Zusammenarbeit mit First Draft geleitet werde. Es werde die Effektivität verschiedener Interventionen untersuchen, die darauf abzielen, das Publikum aufzuklären und die Verbreitung von Falschinformationen rund um die Corona-Pandemie und den Impfstoff zu verhindern.

 

Bildquelle: pixabay.com

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