Bots im Wahlkampf

3. Dezember 2018 • Digitales, Qualität & Ethik • von

Es gibt starke Indizien, dass Bots im Bundestagswahlkampf eine größere Rolle spielten als bislang angenommen.

Tagtäglich löschen Twitter, Facebook und andere soziale Netzwerke Fake-Nutzerkonten – Konten von „Social Bots“. Das sind „Roboter“, die Texte verarbeiten können und in sozialen Netzwerken herumspuken. Mit „Likes“ und „Shares“ und Postings, die sich variieren lassen, obschon sie im Kern dieselbe Botschaft enthalten, verhelfen sie Sichtweisen übergebührlich zu Aufmerksamkeit im Netz. Sie beeinflussen so, wie die „öffentliche Meinung“ wahrgenommen wird – von Journalisten seriöser Medien und politischen Entscheidungsträgern.

Bots sind nicht einfach nachzuweisen, zumal die Methoden, sie vor Forschern zu verstecken, immer raffinierter werden. Fabian Pfaffenberger und seine Kollegen (Universität Erlangen-Nürnberg) haben starke Indizien, dass Bots im Bundestagswahlkampf eine größere Rolle spielten als angenommen.

Die Forscher präsentierten ihre Erkenntnisse bei der Tagung der europäischen Kommunikationsforscher in Lugano. Sie haben mit Hilfe von Algorithmen aus 250 000 Twitter-Konten über 200 besonders „verdächtige“ Accounts identifiziert, die inhaltlich ähnliche Tweets verbreiteten. Mit einer aufwändigen manuellen Analyse der Tweets konnten sie eine präzisere Aussage über Bot-Aktivitäten treffen, als das in der bisherigen Forschung möglich war.

Bisher kamen meist vollautomatische Programme zum Einsatz, die Bots mit Hilfe von Algorithmen selbstlernend identifizierten – zum Beispiel „Botometer“, eine Software, die von den 200 verdächtigen Accounts, welche die Forscher zu entdecken vermochten, nur 66 klar erkannt hatte.

Dennoch liefern die Ergebnisse keinen definitiven Beleg für den Umfang der Bot-Aktivitäten im Bundestagswahlkampf. Die Übergänge zwischen Menschen, die selbst einen Tweet kopieren und mehrmals verbreiten, und vollkommen „selbstständig“ agierenden Bots, sind nämlich fließend. Meldungen, es habe kaum Bot-Aktivität im deutschen Wahlkampf gegeben, waren wohl voreilig: Betriebsblinde empirische Sozialforscher neigen halt manchmal dazu, etwas, was sie nicht nachweisen können, als nichtexistent zu deklarieren, statt die eigenen Messmethoden zu verbessern.

Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 2. Dezember 2018

Bildquelle: pixabay.com

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