Iranische Medien im Kampf gegen Einflussnahme

22. April 2013 • Pressefreiheit • von

Meinungsfreiheit ist zu einem Luxusgut geworden, das sich iranische Medien schon länger nicht mehr leisten können. Seit der Revolution der islamistischen Mullahs wird das Recht der freien Meinungsäußerung in Iran permanent stark eingeschränkt.

Alle Inhalte, die in den iranischen Medien veröffentlicht werden, haben nur den Interessen der Staatsführung, also der islamistischen Diktatur, zu entsprechen. Das war unter dem ehemaligen Ayatollah Ruholla Khomeini der Fall und so ist es auch unter seinem seit 1989 amtierenden Nachfolger Ali Seyed Khamenei und seinen Gefolgsleuten.

Die politische und religiöse Elite des Landes kontrolliert den kompletten Informationsfluss durch die Geheimdienste und spezielle Kreise innerhalb der Revolutionsgarden. Wer sich dagegen sträubt, bekommt harte Maßnahmen zu spüren. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) registrierte allein im Februar 2013 Festnahmen von 16 Journalisten durch gezielte Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte. Deren Begründung lautete, die Medienmacher gehörten einem vom Ausland gesteuerten Netzwerk an, das den iranischen Staatsinteressen schaden wolle.

ROG vermutet hingegen, dass die verschiedenen politischen Lager vor der anstehenden Wahl am 14. Juni jede unabhängige Berichterstattung unterbinden wollen. Denn die autoritären Staatseliten haben das Land in eine desolate gesamtpolitische Lage manövriert. Während die beiden Vormänner der grünen Reformbewegung von 2009, Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi, seit zwei Jahren unter Hausarrest stehen, zeigen sich die anderen politischen Akteure konfus. Der amtierende Präsident Mahmud Ahmadinejad darf nach seiner zweiten Amtszeit nicht erneut kandidieren, doch aus seinem Umfeld steht genauso wenig ein geeigneter Nachfolger zur Verfügung wie aus dem konservativen Lager. Der Kampf um die Vormachstellung im Staat ist offen entbrannt.

Insgesamt befinden sich laut ROG aktuell 42 Journalisten und darüber hinaus 20 Netzaktivisten in iranischen Gefängnissen. So wird das alte Persien in den Augen der Organisation insgesamt „zu einem der größten Gefängnisse für Unternehmen und Personen, die Informationen liefern und verbreiten“.

Im internationalen Pressefreiheits-Ranking von ROG rangiert Iran 2013 auf Platz 174 von 179. Den Anspruch auf die Kontrolle der Medien erhebt Iran auch im internationalen Kontext immer wieder ganz offen. Auf der World Conference on International Telecommunications (WCIT) der United Nations in Dubai  Ende 2012 überprüften die Mitgliedsstaaten die internationalen Regelwerke, die einen freien Informationsfluss weltweit garantieren sollten. Diese waren zuletzt 1988 geändert worden, lange bevor das Internet seine heutige Bedeutung in der Informationsverbreitung erlangt hatte.

Auf dem WCIT versuchten mehrere Staaten, darunter Russland, China, Usbekistan und eben auch Iran, ihre Souveränität über den Informationsfluss im Internet beizubehalten. Sie warben für ihre Perspektive, dass es möglich sein sollte, sowohl die Nutzung des Internets auf ihrem Staatsgebiet als auch die Vergabe und die Namen nationaler Domains zu kontrollieren. Das geht aus einem UN-Dokument hervor, das dem Forschungszentrum der französischen Telekom CNET vorliegt.

Sergey Brin, einer der Entwickler der Suchmaschine Google, sagte dazu in einem Interview mit dem Guardian: „Sehr mächtige Kräfte verbünden sich momentan überall in der Welt gegen die Offenheit des Internetzugangs und der Informationsverbreitung. Es ist unheimlich.“ Die Prinzipien, die den Erfindern des Internets ursprünglich vorschwebten, seien mehr denn je gefährdet.

Medienschaffende in Iran bekommen diese Entwicklungen besonders hart zu spüren. Ein Blick zurück zeigt eine kontinuierliche Bewegung hin zu mehr Repression und Unterdrückung. Die Organisation Committee to Protect Journalism (CPJ) zählte die Arbeitsbedingungen der Journalisten in Iran angesichts häufiger Festnahmen und Gefängnisstrafen 2009 zu den härtesten der Welt. In den vergangenen Jahren hat sich nichts zum Positiven verändert. In dem minutiösen Bestreben, jegliche öffentliche Meinungsäußerung sowohl von internen als auch von externen Journalisten zu kontrollieren, schnitt das iranische Regime seine Bürger nach und nach von den wichtigsten ausländischen Medien ab, indem sie 2010 die Frequenzen der BBC, der Deutschen Welle und der Voice of America auf ihrem Staatsgebiet systematisch blockierten.

2011 schränkte der Staat auch den Zugang zu einer US-amerikanischen Internetseite ein, die einer virtuellen US-Botschaft ähnelte, was Iran informationstechnisch weiter isolierte. Im selben Jahr verfremdeten iranische Staatsmedien Bilder der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, indem sie ihre Halspartie und ihr Dekolleté verdeckten. Und das, obwohl ihr Outfit alles andere als anstößig war.

Aber der Höhepunkt war erst in der zweiten Jahreshälfte 2012 erreicht, als Ali Akbar Javanfekr, Presseberater des Präsidenten Mahmud Ahmadinejad und Leiter der Offiziellen Iranischen Nachrichtenagentur IRNA zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Der Vorwurf: Er soll den höchsten Führer beleidigt haben, indem er Inhalte veröffentlichte, die gegen islamische Werte und Moral verstießen. Er bekam mit dem Urteil zudem ein mehrjähriges Berufsverbot auferlegt.

Grund für die Maßnahmen gegen ihn war zum ersten ein Artikel Javanfekrs in einer staatlich kontrollierten Publikation, in dem er Stimmen zu Wort kommen ließ, welche die übliche islamische Bekleidung für Frauen im Iran kritisierten. Er zitierte einen anderen Berater Ahmadinejads so: Die so genannte schwarze Chador erinnere an die Party-Kleidung westlicher Gesellschaften und sei nicht traditionell iranisch. Daraufhin drängten einige geistliche Größen darauf, Ali Akbar Javanfekr festzunehmen. Ein Gerichtsurteil bot 2011 die Grundlage für seine spätere Festnahme 2012.

Ein weiterer Grund, den politische Beobachter benennen, war ein Interview der Zeitung Etemad mit Javanfekr, in dem er konservative Konkurrenten des Präsidenten Ahmadinejads kritisierte. Korrespondenten internationaler Medien vermuteten, dass Javanfekr zum Opfer der andauernden Auseinandersetzungen zwischen der eher weltlich orientierten Entourage des Präsidenten Ahmadinejad und den geistlichen Eliten um Ayatollah Khameini geworden sein könnte.

Doch nicht nur die Geistlichen um Khameini machen Druck auf die Presse. Mir-Hossein Moussawi, der iranische Oppositionsführer, verglich die durch Präsident Ahmadinejad verbreitete Propaganda mit der des früheren rumänischen Diktators Nicolae Ceausescu und mit der des sowjetischen Despoten Josef Wissarionowitsch Stalin. Moussawi bezichtigte das Regime in Teheran, die Opposition mit ähnlich repressiven Methoden zu unterdrücken, nämlich durch Drohungen, Festnahmen und Zensur.

Trotz dieser Hindernisse gab und gibt es einige Journalisten in Iran, welche die repressiven Maßnahmen des iranisches Regimes nicht hinnehmen. Sie machen ihren Protest in Form von Zeitungsartikeln, Blogeinträgen und anderen Veröffentlichungen im Internet deutlich – und riskieren dabei ihre Freiheit und manchmal sogar ihr Leben.

Es lassen sich ganz unterschiedliche Formen des Widerstands gegen alle Verbote und Beschränkungen des Regimes beobachten. Die internationale Presse nutzte zur Berichterstattung über die Demonstrationen und andere Geschehnisse rund um die Präsidentenwahl 2009 etwa verschiedene Kniffe und Tricks, um die Informationen zu verbreiten.

Die Nachrichtenagentur Agence France Press (AFP) ließ ihre Mitarbeiter zum Beispiel unter Pseudonym berichten und Nachrichten in sozialen Netzwerken beobachten. AFP nahm so auch Berichte von Regierungsgegnern auf, die die Ergebnisse der Präsidentenwahl anzweifelten und Twitter nutzten, um die Öffentlichkeit über Zusammenstöße zwischen Demonstranten, Polizei und Unterstützern Ahmadinejads sowie über gezielte Tötungen und Festnahmen durch die Staatsautoritäten zu informieren.

Ihren ursprünglichen Zustand erreicht die Meinungsfreiheit im Land dennoch nicht mehr. Das zeigt sich auch an den gesellschaftlichen Umgangsformen. Im alten Persien gab es interessante Bräuche innerhalb der Adelsklasse; die Herren der Aristokratie trafen sich regelmäßig bei einem guten Glas Wein und diskutierten über verschiedenste Themen von Politik bis hin zu Literatur und Kunst. Jeder äußerte frei seine persönliche Meinung und Gedanken. Diese Treffen ließ man am nächsten Tag meist noch einmal Revue passieren, zur selben Zeit, nur ohne Alkohol. So sollte sich zeigen, wer am Vortag gelogen und wer die Wahrheit erzählt hatte.

Heute ist für diese Treffen, diese kleinen demokratischen Manöver, kein Raum mehr vorhanden. Freie Meinungsäußerung – und seien auch einmal aus einer Weinlaune geborene fixe Ideen darunter – ist nicht mehr möglich.

Original-Artikel auf Rumänisch: Presa în Iran, apanajul puterii 

Übersetzt aus dem Englischen von Karen Grass

Bildquelle: Steve Rodes / Flickr CC

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