Kritiker unerwünscht: Pressefreiheit in der Türkei

29. Juni 2016 • Internationales, Pressefreiheit • von

Die türkische Pressefreiheit ist bedroht wie selten zuvor. Fast alle Medien sind mittlerweile auf Regierungslinie, kritische Journalisten gelten als Terror-Unterstützer, Dutzende sind wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt. Wer aus den Kurdengebieten berichtet, begibt sich in große Gefahr.

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Als Tausende von Demonstranten zu Beginn der Gezi-Proteste 2013 in Istanbul mit Tränengas beschossen wurden, zeigte der Nachrichtensender CNN Türk eine Dokumentation über Pinguine.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan versteht die Aufregung nicht. „Wir haben die freieste Presse der Welt“, betont er gerne, wenn international die mangelnde Pressefreiheit in seinem Land anprangert wird. Doch die Bilder gingen um die Welt: die auflagenstärkste Tageszeitung Zaman wurde im März 2016 mit Hilfe von Polizeigewalt unter Zwangsverwaltung gestellt, Reporter in den Kurdengebieten angeschossen, die prominenten Journalisten Can Dündar und Erdem Gül zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Laut Reporter ohne Grenzen belegt die Türkei beim Thema Pressefreiheit den 151. Platz von 180 Ländern weltweit – noch hinter Russland und Pakistan. Kaum jemand in der Türkei traut sich noch kritisch zu berichten – und wer es doch tut, muss Lynchkampagnen, Anklagen oder schlicht um seinen Job fürchten. Als Konsequenz ist unabhängige Berichterstattung Mangelware und die türkische Öffentlichkeit kaum noch informiert darüber, was in ihrem Land wirklich vorgeht.

Spätestens bei den Gezi-Protesten 2013 erlebten viele Türken, dass ihnen die Mainstream-Medien einen großen Teil der Wahrheit vorenthielten. Als Tausende von Demonstranten zu Beginn der Proteste in Istanbul mit Tränengas beschossen wurden, zeigte der Nachrichtensender CNN Türk eine Dokumentation über Pinguine und NTV eine Dokumentation über Nazis. Hunderte von Journalisten, die doch über die Anti-Regierungs-Proteste berichteten, verloren in den folgenden Monaten ihren Job. Erdoğan gab sogar freimütig zu, Verleger und Chefredakteure persönlich angerufen zu haben, um sie für unliebsame Berichte zurechtzustutzen.

Mittlerweile kann man von einer systematischen Zensur der Medien sprechen, für die sich die Regierung einer Reihe juristischer, wirtschaftlicher und sozialer Mittel bedient. Das Jahr 2015 markierte dabei einen Tiefpunkt. Nachdem die AKP-Regierung bei den Wahlen am 7. Juni ihre Regierungsmehrheit verloren hatte, erhöhte sie den Druck auf die Medien massiv. Bei den Neuwahlen am 1. November gelang es der AKP, die Mehrheit wiederzuerlangen – seither sind auch die letzten oppositionellen Medien unter Beschuss.

Mainstream-Medien in den Händen von Mischkonzernen

Die Wurzel der zensierten Berichterstattung liegt in der wirtschaftlichen Struktur der türkischen Medienlandschaft. Die meisten Medien gehören großen Mischkonzernen, die auch in branchenfernen Sektoren wie Energie, Bau oder Finanzen tätig sind. Um an lukrative Staatsaufträge zu gelangen, vermeiden sie oppositionelle Berichterstattung, die die Regierung erzürnen könnte. Gleichzeitig unterschlagen sie kritische Informationen über eigene Großprojekte, etwa den Bau des ersten Atomkraftwerkes der Türkei. Verlegerische Unabhängigkeit genießen nur die wenigsten, meist kleinen Zeitungen.

Gleichzeitig kaufen seit 2010 vermehrt islamisch-konservative, der Regierung nahestehende Unternehmer große Medien auf. Bekanntestes Beispiel dafür sind die auflagenstarke Tageszeitung Sabah und der private Fernsehsender ATV. 2013 wurden sie vom regierungsnahen Baukonzern Kalyon erworben, der bisher nicht im Mediensektor tätig war – wohl auf Druck des damaligen Ministerpräsidenten Erdoğan. Selbst nicht liquide genug, bildete Kalyon zusammen mit anderen Firmen einen Finanzpool, um den Kauf zu tätigen. Wenig später erhielten Kalyon und die anderen Firmen den Zuschlag zum Bau des gigantischen dritten Istanbuler Flughafens. Sabah und ATV gelten mittlerweile als die wichtigsten Sprachrohre Erdoğans und der AKP-Regierung. Und viele Türken nennen solche Propaganda-Medien seither „Pool-Medien“.

Die Regierungsmeinung nimmt in den Medien dementsprechend überproportional großen Raum ein. Nicht selten übertragen dutzende TV-Sender gleichzeitig live eine Rede des Präsidenten oder Premierministers. Eine junge Journalistin, die lieber anonym bleiben will, berichtet aus dem Redaktionsalltag einer regierungsnahen Tageszeitung: „Die meisten unserer Redakteure sind eher regierungskritisch, aber trotzdem berichten wir so, wie es der Regierung gefällt. Wir fürchten einfach um unseren Job – es gibt schließlich so viele arbeitslose Journalisten.“ So überträfen sich die Redakteure gegenseitig in Selbstzensur: „Wir suchen etwa eifrig nach Agenturmeldungen, die das Bild einer gut funktionierenden Regierung abgeben, die ihren Bürgern zu Diensten steht. Außerdem gibt es gelegentlich Anrufe aus Ankara, die fordern, unliebsame Artikel sofort von unserer Webseite zu nehmen.“ Das musste die junge Journalistin bald selbst erleben: einige Wochen nach dem Interview verlor sie selbst ihren Job – wegen eines Artikels, der der Regierung missfiel.

Kritik am Präsidenten unerwünscht

Die AKP-Regierung, insbesondere der türkische Staatspräsident Erdoğan reagieren zunehmend empfindlich auf Kritik. Seitdem Erdoğan im Sommer 2014 zum Präsidenten gewählt wurde, eröffneten seine Anwälte knapp 2000 Strafverfahren wegen Präsidentenbeleidigung. Laut Paragrafen 299 des türkischen Strafgesetzes drohen bei Beleidigung des Staatsüberhauptes bis zu vier Jahren Haft. Dieses Gesetz existierte schon lange vor Erdoğans Amtsantritt, wurde aber von seinen Vorgängern nur selten angewendet. Nun aber werden Bürger aller Schichten, ob Lehrer, Anwältin, Schauspieler oder Schönheitskönigin, ja sogar 16-jährige Schüler angeklagt. Manche für einen Slogan auf einer Demonstration, andere für eine Karikatur, die sie auf Facebook teilten. Journalisten werden wegen Erdoğan-kritischer Kolumnen oder wegen eines Interviewzitates angeklagt – also auch für Aussagen, die sie gar nicht selber getroffen haben. Die meisten erhalten eine Haftstrafe auf Bewährung. Die Angst vor einer Anklage wiederum fördert die Selbstzensur unter Journalisten.

Oppositionelle Gülen-Medien im Visier der Regierung

Im Zuge der Gleichschaltung der türkischen Medien rückten in den letzten Monaten insbesondere die Zeitungen und TV-Sender der Gülen-Bewegung ins Visier der Regierung. Die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen präsentiert sich gerne als islamisch-liberale Gemeinde mit einem internationalen Netzwerk von Schulen. Kritiker werfen ihr vor, sektenähnliche Strukturen zu besitzen und den türkischen Staat, insbesondere Justiz- und Sicherheitspappart, unterwandert zu haben.

Jahrelang galt die Gülen-Bewegung als wichtiger Verbündeter der AKP-Regierung und ihre Medien als sehr regierungsnah. Doch im Jahr 2013 kam es zum Zerwürfnis, möglicherweise im Zuge der Gezi-Proteste. Gülen-Medien begannen zunehmend regierungskritisch zu berichten. Im Dezember 2013 begannen Gülen-nahe Polizisten und Staatsanwälte Ermittlungen in einem gigantischen Korruptionsskandal, in dem hochrangige Regierungsvertreter und auch die Familie Erdoğans verwickelt sein sollen. Erdoğan erklärte Gülen daraufhin zum Erzfeind. Die Korruptionsermittlungen wurden durch massiven Druck der AKP eingestellt und die Gülen-Bewegung von der Regierung zur Terrororganisation erklärt. Dabei fehlt jeglicher Beweis für Terrortaten.

In Folge dessen wurden seither als Gülen-nah geltende Richter und Staatsanwälte entlassen, hochrangige Geschäftsleute festgenommen und die Medien der Gemeinde massiv unter Beschuss genommen. Am 28. Oktober 2015 wurden die Redaktionsräume der als Gülen-nahe geltenden Mediengruppe Koza-Ipek per Gerichtsbeschluss von der Polizei gestürmt. Dem Unternehmen wurde Terror-Finanzierung und -Propaganda vorgeworfen. Ihre Fernsehsender und Zeitungen wurden unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt, die Redakteure gefeuert und durch regierungstreue Journalisten ausgetauscht. Ähnlich erging es der bis dahin auflagenstärksten Tageszeitung Zaman und Flagschiff der Gülen-Bewegung: sie wurde am 4. März 2016 gestürmt und unter Zwangsverwaltung gestellt, drei Tage später auch die wichtige Nachrichtenagentur Cihan, die zur gleichen Mediengruppe gehört. Die größten oppositionellen Medien des Landes wurden damit unter Regierungskontrolle gebracht.

Journalisten unter Terrorverdacht

Der Terrorvorwurf ist seither beliebtes Mittel, um Dissidenten im Lande zum Schweigen zu bringen. Seit der Friedensprozess mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im letzten Sommer zerbrach, ist der Terror das allbeherrschende Thema in der Türkei. Militär und PKK liefern sich brutale Gefechte, das Land wurde von dutzenden Attentaten der PKK oder des Islamischen Staates heimgesucht.

Spannungen, Trauer und Wut beherrschen seither die Bevölkerung. Die Regierung nutzt das geschickt für ihre eigene Zwecke. Kritiker werden in die Nähe des Terrorismus gerückt – auch wenn sie nur eine Friedenspetition unterschrieben haben, wie es etwa über 1000 Wissenschaftler Anfang des Jahres taten. Erdoğan fordert gar, die Terrordefinition im Strafrecht auszuweiten: „Zwischen Terroristen, die Waffen und Bomben tragen, und jenen, die ihre Position, ihren Stift oder ihren Titel den Terroristen zur Verfügung stellen, besteht kein Unterschied“, so Erdoğan. „Nur weil jemand einen Titel wie Abgeordneter, Akademiker, Autor, Journalist oder Leiter einer Nichtregierungsorganisation trägt, ändert das nichts an der Tatsache, dass diese Person eigentlich ein Terrorist ist.“

Das bekommen vor allem Journalisten zu spüren, die über den Kurdenkonflikt im Südosten berichten. Von den derzeit circa 20 Journalisten, die wegen ihrer Arbeit inhaftiert sind, ist der überwiegende Teil kurdisch, erklärte das Committee to Protect Journalists (CPJ) im Juni 2016. Laut kurdischer Presse haben Staatsanwälte in Ankara Untersuchungen wegen Terror-Propaganda gegen neun TV-Sender und zwei Tageszeitungen eingeleitet.

Bekanntester unter ihnen ist der prokurdische Sender IMC TV. Er berichtet ausführlich über den PKK-Konflikt und zeigt Bilder, die andere Sender dem Zuschauer vorenthalten – vor allem wie die Zivilbevölkerung massiv in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der Regierung scheint das ein Dorn im Auge. So wurde der Sender im Februar vom Satelliten Türksat genommen, angeblich wegen Terrorpropaganda. Der Direktor des Senders Hamza Aktan wurde Ende April zeitweise festgenommen, wegen einiger Tweets, die er auf Twitter geteilt hatte. Zuvor wurde sein Sender schon mit dutzenden von Anklagen überzogen und regelmäßig von Steuerfahndern heimgesucht – auch das ein beliebtes Mittel gegen oppositionelle Medien.

Der preisgekrönte IMC-Kameramann Refik Tekin musste im Januar gar um sein Leben bangen. Als er eine Gruppe von Zivilisten und Politikern filmte, die Tote in der umkämpften Stadt Cizre bergen wollten, eröffneten die Sicherheitskräfte das Feuer, „ohne Vorwarnung und obwohl wir weiße Fahnen schwenkten“, so Tekin. Obwohl er angeschossen wurde, filmte er weiter. „Wir gerieten nicht ins Kreuzfeuer, sondern wurden von den Polizisten gezielt als Journalisten angeschossen“, so Tekin gegenüber der Deutschen Welle, „Das kommt davon, wenn man als Kurden und Journalist auch in den regierungsnahen Medien ständig als Staatsfeind hingestellt wird – den kann man nämlich ruhig umbringen.“

Prominente Cumhuriyet-Journalisten verurteilt

Eine der wenigen verblieben oppositionellen Blätter ist die Tageszeitung Cumhuriyet. Sie ist die älteste Zeitung der türkischen Republik, wurde von Staatsgründer Atatürk gegründet und versteht sich in seiner säkularen Tradition. Anfang 2015 wurde der prominente Journalist Can Dündar zum Chefredakteur ernannt und startete eine Modernisierung des Blattes.

Ende November wurden Dündar und sein Büroleiter in Ankara, Erdem Gül, mit dem Vorwurf der „Spionage“, „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung” und „Verbreitung von Staatsgeheimnissen“ festgenommen und inhaftiert. Cumhuriyet hatte im Mai zuvor Artikel und Fotos über angebliche Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an syrische Dschihadisten veröffentlicht. Erdoğan stellte daraufhin persönlich Strafanzeige gegen Dündar und forderte lebenslange Haft. Öffentlich erklärte er, Dündar werde einen „hohen Preis“ für seinen Bericht zahlen.

Drei Monate später erklärte das türkische Verfassungsgericht die Untersuchungshaft der beiden Journalisten für rechtswidrig, straffrei blieben sie aber nicht. Im Mai 2016 wurde Dündar zu 5 Jahren und 10 Monaten, Gül zu 5 Monaten Haft verurteilt. Wenige Stunden zuvor entging Dündar nur knapp einem Attentat: ein Mann schoss vor dem Gerichtsgebäude auf Dündar, er blieb aber unverletzt. Dündar sah darin das Resultat monatelanger Hetzkampagnen gegen ihn in den regierungstreuen Medien,  „weil wir von der Staatsspitze dieses Landes persönlich zur Zielscheibe erklärt wurden.” Das Urteile werde er anfechten: „Das war ein juristisches Attentat, das alle Journalisten der Türkei zum Schweigen bringen sollte.” Bis zu einem Berufungsurteil sind die beiden auf freiem Fuß und führen ihre journalistische Arbeit fort – weiterhin regierungskritisch.

Das Internet als letzter Hort unabhängiger Berichterstattung?

Im Zuge des Zensur-Drucks hat das Internet in der Türkei zunehmend an Bedeutung gewonnen. Internetportale wie T24, Diken oder Bianet berichten über Themen, die etablierte Medien verschweigen. Einen extrem hohen Stellenwert haben soziale Medien: 53 Prozent der Türken nutzen sie regelmäßig, 35 der 79 Millionen Bürger sind aktive Facebook-Nutzer. So wurden auch die meisten Informationen über die Gezi-Proteste über Facebook und Twitter verbreitet.

Allerdings wird auch hier die Meinungsfreiheit zunehmend beschnitten. Anklagen wegen Kommentare in sozialen Netzwerken nehmen ebenso zu wie die Sperrung von Webseiten. Im Jahr 2014 wurden die Telekommunikationsbehörde TİB durch neue Regulierungen des türkischen Internetgesetzes dazu befugt, Internetseiten zum Schutz der Privatsphäre zu blockieren. Über 100.000 Webseiten sind derzeit in der Türkei gesperrt, viele von ihnen kurdische Seiten.

Ein gängiges Zensurmittel sind außerdem Nachrichtensperren. Insbesondere nach Terroranschlägen werden sie beinahe routinemäßig von der Regierung verhängt, angeblich um die Ermittlungen nicht zu behindern und keine Panik in der Bevölkerung zu verbreiten. Zusätzlich werden oft Facebook und Twitter zeitweise gesperrt. Aber auch Berichte über heikle Themen wie den AKP-Korruptionsskandal oder die Vergewaltigung von 45 Kindern durch einen Lehrer der islamischen, als  AKP-nah geltenden ENSAR-Stiftung wurden mit Nachrichtensperren blockiert. Es scheint, als wolle allein die Regierung darüber entscheiden, über was und wie berichtet wird.

Auch ausländische Journalisten unter Druck

In diesem Klima bezieht eine wachsende Zahl von Türken Nachrichten aus ausländischen Medien. Ohne Zensur-Druck aus ihren Redaktionen konnten ausländische Korrespondenten bisher wesentlich freier berichten als ihre türkischen Kollegen. Doch auch sie berichten über erschwerte Arbeitsbedingungen.

Zum Jahreswechsel erlebten mehrere ausländische Journalisten, wie ihre Akkreditierung durch türkische Behörden stark verzögert wurde, wodurch sie auch keine Aufenthaltsgenehmigung beantragen konnten. Der Türkei-Korrespondent des Nachrichtenmagazins Der Spiegel Hasnain Kazim erhielt monatelang keine Pressekarte und musste schließlich das Land verlassen. Er war wegen regierungskritischer Berichterstattung zuvor mehrmals in den sozialen Medien bedroht worden.

Andere internationale Journalisten wurden in den letzten Monaten inhaftiert, ausgewiesen oder es wurde ihnen die Einreise in die Türkei verweigert, wie etwa dem Kairo-Korrespondenten der ARD Volker Schwenk im April 2016. Angeblich aus Sicherheitsgründen, da er in den Jahren zuvor mehrmals die syrisch-türkische Grenze überquert hatte – was türkischen Behörden bis dato allerdings geduldet hatten.

Unter den internationalen Journalisten verbreitetet sich der Eindruck, die Regierung habe eine ‚schwarze Liste’ unerwünschter Korrespondenten. Ein türkischer Regierungsvertreter bestritt im April gegenüber der Nachrichtenagentur dpa allerdings die Existenz solch einer Liste. Wenn Reporter an der Einreise gehindert würden, dann liege das nicht an deren Meinung oder Berichterstattung, sondern weil sie gegen türkisches Recht verstoßen hätten. Allerdings hatten fast alle dieser Journalisten über den Kurdenkonflikt oder den Islamischen Staat berichtet – in diesen Zeiten höchst heikle Themen.

Polarisierte Gesellschaft, polarisierte Medien

Der konfrontative Kurs der AKP-Regierung und insbesondere von Staatspräsident Erdoğan hat die türkische Gesellschaft in den letzten Jahren massiv polarisiert. Es scheint nur noch Freund oder Feind zu geben – das schlägt sich auch in der Medienlandschaft wieder. Extrem gespalten sind auch hier die Lager, an ausgewogener Berichterstattung sind nur die allerwenigsten interessiert. Halbwahrheiten, Unterschlagung von Informationen, aus dem Kontext gerissene Zitate; Hetzkampagnen, Lügen und Verschwörungstheorien beherrschen die Medien aller Lager. Solange der Druck auf die Medien anhält, ist eine Entspannung der Lage kaum in Sicht. In diesem Propaganda-Kampf ist die desinformierte Bevölkerung der größte Verlierer. Nicht nur die Meinungsfreiheit steht auf dem Spiel – sondern langfristig auch der soziale Frieden des Landes.

Bildquelle: Michael Fleshman/Flickr CC: occupygezi_june6_DSC_0010; Lizenbedingungen: https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/

 

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