Pressefreiheit: Wirtschaft und autoritäre Tendenzen machen Medien zu schaffen

2. Juli 2025 • Aktuelle Beiträge, Pressefreiheit • von

Pressefreiheit 2024. Bildquelle: Wikimedia Commons

Krieg, Autoritarismus und Wirtschaftskrise: Den diesjährigen Internationalen Tag der Pressefreiheit nutzten verschiedene Organisationen, um auf den alarmierenden Zustand der Pressefreiheit global aufmerksam zu machen. Reporter ohne Grenzen stuft die Situation für Journalismus im Press Freedom Index und dem dazugehörigen Bericht als „schwierig“ ein: In der Hälfte aller Länder weltweit sind die Bedingungen für Journalist:innen als schlecht zu bewerten und der durchschnittliche Score der untersuchten Länder hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Ein Blick auf die Entwicklungen und Hintergründe.

Schon in den Jahren davor war eine Erosion der Pressefreiheit in verschiedenen Teilen der Welt zu beobachten. Sowohl schleichende, gesellschaftliche Entwicklungen als auch plötzliche Umbrüche beeinflussen die Situation für Journalist:innen global. Für das ernüchternde Ergebnis aus dem diesjährigen Bericht sind verschiedene Faktoren verantwortlich.

Zum einen greifen im Umgang mit Medien immer mehr Regierungen zu autoritären Mitteln. In Afghanistan etwa sind seit 2021 die Taliban an der Macht, die Medienzensur weiter ausbauen. Journalist:innen werden bedroht, entführt und gefoltert, sodass viele ihre Arbeit aufgeben. In Russland verschärft sich die Situation der Pressefreiheit seit dem Angriff auf die Ukraine 2022, in den USA seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Weiter südlich der USA, in Mittel- und Südamerika, greifen Regierende schon länger stark in die journalistische Arbeit ein.

Außerdem ist besonders die wirtschaftliche Lage des Journalismus weltweit prekär. In 160 von 180 untersuchten Ländern haben Medien merkliche bis massive Probleme damit, stabil zu wirtschaften. Dafür macht Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen, auch wachsende autokratische Tendenzen verantwortlich: „Für Autokraten ist unabhängiger Journalismus ein Dorn im Auge. Das wirkt sich auch auf die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit aus. Wenn Medien finanziell ausgetrocknet werden, wer deckt dann Falschinformationen, Desinformation und Propaganda auf?“

Journalismus in der Wirtschaftskrise

Die stärksten wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Journalismus verzeichnet der afrikanische Kontinent. In achtzig Prozent der Länder im mittleren und südlichen Afrika ist der ökonomische Indikator schwächer geworden. Medien werden häufig wenig unterstützt und hängen stark von Werbeeinnahmen ab, was zur Selbstzensur führen kann. In vielen Ländern, wie zum Beispiel Sierra Leone oder Kamerun, sind die Medien in der Hand weniger, mächtiger Akteur:innen konzentriert, was die Unabhängigkeit der Presse gefährdet.

Eine rapide Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage für Medien und Medienschaffende lässt sich auch in den USA beobachten. Die Trump-Administration hat die Unterstützung für unabhängige Medien eingestellt und außerdem die Finanzierung der US Agency for Global Media gestrichen, die Ressourcen für Medien weltweit bereitstellte. Schon seit Jahren entwickeln sich weitläufige Regionen der USA zu sogenannten „news deserts“, also „Informationswüsten“, die kaum Zugang zu qualitativ hochwertigem und unabhängigem Journalismus haben. Donald Trumps Präsidentschaft verschärft diese Situation weiterhin. Auch Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber Journalist:innen in den USA ist deutlich angestiegen. Die presse-feindliche Rhetorik, die Trump während des Wahlkampfes einsetzte, hat die Schwelle dessen, was gegenüber Journalist:innen salonfähig ist, herabgesetzt. Insgesamt befinden sich die USA nun auf Platz 57 des Pressefreiheitsrankings von Reporter ohne Grenzen. Die Entwicklungen im Land deuten auf eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses zum Autoritären hin und beeinflussen die durchschnittliche Bewertung der Pressefreiheit global.

Einen deutlichen Abstieg im Ranking verzeichnete auf dem amerikanischen Kontinent auch Argentinien: Das Land ist um 21 Plätze auf Rang 87 gefallen. Präsident Milei hat dort 2024 die staatliche Nachrichtenagentur geschlossen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zerschlagen. Besonders in den sozialen Medien äußert er sich pressefeindlich. Außerdem befindet sich auch hier der Journalismus in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Das Nachbarland Brasilien ist eines der wenigen, das seinen wirtschaftlichen Indikator verbessern konnte.

Norwegen bleibt Spitzenreiter der Pressefreiheit

Auch auf dem europäischen Kontinent steckt der Journalismus besonders in einer wirtschaftlichen Krise. Reporter ohne Grenzen spricht von einer „langsamen ökonomischen Erstickung der unabhängigen Presse“. Mit dafür verantwortlich sind auch die gekürzten Gelder aus den USA. Besonders in der Ukraine, in der der Kriegszustand die freie und unabhängige Berichterstattung stark erschwert, hielt sich ein Großteil der Medien durch Gelder aus den USA am Leben.

Trotzdem belegen ausschließlich europäische Länder die ersten 15 Plätze des Pressefreiheitsrankings. Die Liste führt wie auch im letzten Jahr Norwegen an. Dort herrscht eine stabile wirtschaftliche und rechtliche Lage für Medienschaffende. Außerdem sehen sich Journalist:innen wenig Druck aus der Politik ausgesetzt und Politiker:innen verunglimpfen kritische Berichterstattung selten als „Fake news“. Drohungen gegen Journalist:innen sind jedoch auch dort verbreitet. Besonders stark aufgestiegen ist Polen: Das Land ist um 16 Ränge auf Platz 31 der Rangliste der Pressefreiheit gewandert. Die Verbesserung der Zustände für Journalist:innen wurde durch den Regierungswechsel 2023 ausgelöst, bei dem die Koalition unter Donald Tusk die PiS-Partei ablöste. Diese hatte zuvor die Medienfreiheit im Land stark abgebaut.

Deutschland hat es knapp nicht mehr in die ersten zehn der Rangliste der Pressefreiheit geschafft und rutschte auf Platz 11 ab. Auch hierfür sind vor allem schwierige ökonomische Bedingungen verantwortlich, die die Diversität der Medienlandschaft einschränken. Außerdem ist die Zahl der Angriffe und Anfeindungen gegenüber Medienschaffenden erneut gestiegen. Dazu kam es besonders bei Recherchen im rechtsextremen Milieu oder im Kontext mit der AfD.

Wenig Bewegung am oberen und unteren Ende der Rangliste

Das obere und untere Ende des Rankings von Reporter ohne Grenzen hat insgesamt wenig Bewegung gesehen. Die ersten Plätze verteilen die skandinavischen Länder und die Niederlande unter sich. Am unteren Ende finden sich weiterhin Länder wie Syrien und Afghanistan, in denen die politische Situation die journalistische Arbeit extrem gefährlich macht, sowie das für Abschottung und Zensur berüchtigte Nordkorea. Merklich weiter abgerutscht sind China und Russland. China liegt mittlerweile auf Platz 178 von 180. Zahlreiche Journalist:innen im Land befinden sich in Haft, mehr als in jedem anderen untersuchten Land. In Russland hat sich der Zustand der sowieso schon angegriffenen Pressefreiheit seit dem Angriff auf die Ukraine 2022 kontinuierlich verschlechtert. Hauptinformationsquelle für die Menschen dort ist das staatlich kontrollierte Fernsehen. Auch die palästinensischen Gebiete sind im Ranking weiter gefallen. Laut Reporter ohne Grenzen sind diese zurzeit der „gefährlichste Ort der Welt“ für Journalist:innen. Freie und unabhängige Berichterstattung ist praktisch unmöglich und seit 2023 wurden bereits über 200 Medienschaffende im Gazastreifen getötet.

 

https://time.com/7281669/threats-to-press-freedom/

https://www.amnesty.org/en/latest/campaigns/2025/05/what-is-the-state-of-global-press-freedom-in-2025/

https://gijn.org/stories/global-press-freedom-at-unprecedented-critical-low-reporters-without-borders/

https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2025/RSF_Nahaufnahme_Suedliches_Afrika_2025.pdf

https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2025/RSF_Nahaufnahme_Amerika_2025.pdf

https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2025-ueberblick

https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2025/RSF_Rangliste_der_Pressefreiheit_2025_Details.xlsx

 

 

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