US-amerikanische Geldgeber stellen die Medienfinanzierung ein. Das stellt unabhängige Medien in verschiedenen Regionen der Welt vor große Herausforderungen. Die Kürzung der USAID-Programme sowie die Verringerung der Unterstützung unabhängiger Medien durch den National Endowment for Democracy (NED) und die Open Society Foundations haben bereits Hunderte von Redaktionen in Osteuropa, Lateinamerika und anderen Teilen der Welt getroffen. Experten befürchten, dass dieser Trend den Beginn einer langen Phase finanzieller Instabilität für nichtkommerzielle journalistische Initiativen einläutet.
Die finanzielle Unterstützung durch USAID und andere Organisationen war für Nachrichtenmedien, die unter schwierigen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen arbeiten, von entscheidender Bedeutung. Insbesondere in Mittel- und Osteuropa ermöglichte sie Redaktionen, wichtige gesellschaftliche Themen zu behandeln, die für Werbekunden nicht attraktiv sind. Die Kürzungen sorgten dafür, dass unabhängige Redaktionen Personal abbauen mussten und sich das Angebot insgesamt verringerte. Außerdem ist es für Journalist:innen nun notwendig, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. In Ländern wie Serbien oder Ungarn birgt dies besondere Risiken, da die Schwächung der unabhängigen Medien die staatliche Kontrolle über den Informationsraum verstärken kann.
Am stärksten von den Kürzungen betroffen ist die Ukraine, wo der unabhängige Journalismus in Kriegszeiten eine entscheidende Rolle spielt. Laut Andriy Boborykin, CEO von Ukrainska Pravda, waren viele lokale Medien in dem Land zu 50 bis 75 % von USAID-Zuschüssen abhängig. In von Krieg betroffenen Regionen ist es unmöglich, stabile Einnahmen aus Werbung oder Abonnements zu erzielen. Die Kürzung der Finanzmittel bringt diese Medien an den Rande der Schließung. Ukrainska Pravda ist weniger von Zuschüssen abhängig: 75 % ihres Budgets stammen aus kommerziellen Quellen wie Werbung, Abonnements und Veranstaltungen. Dennoch stammten auch für diese Publikation etwa 30 % der Finanzierung von Geldgebern, unter denen USAID eine wichtige Rolle einnahm. Der Verlust dieser Ressourcen könnte die Berichterstattung über kritische Themen erschweren.
Eine Umfrage unter Journalist:innen, die vom Institut für Masseninformation in Kiew im Zeitraum vom 27. Januar bis zum 2. Februar 2025 durchgeführt wurde, hat einen beunruhigenden Trend aufgezeigt: Fast 60 % der Befragten prognostizieren verheerende Folgen nach dem Ende der amerikanischen Gehaltszahlungen, was zur Schließung zahlreicher Redaktionen führen könnte. Die Analyse zeigt die kritische Abhängigkeit der ukrainischen Medien von US-Zuschüssen:
Ohne Donor-Finanzierung für sechs Monate gaben ein Drittel der befragten Redaktionen an, dass sie möglicherweise schließen müssten, und nach einem Jahr ohne US-Unterstützung steigt dieser Anteil auf 51 %.
Wie regionale Medien auf die Kürzung der Zuschüsse reagieren
Das Einfrieren der internationalen Unterstützung durch die USA hat die lokalen Medien in der Ukraine in eine kritische Lage gebracht. Um die Auswirkungen dieser Situation auf die regionalen Medien genauer zu analysieren, hat die Media Development Foundation eine Umfrage durchgeführt. Diese konzentrierte sich insbesondere auf die Perspektiven von Führungskräften, die strategische Entscheidungen in regionalen Redaktionen treffen. Insbesondere befragte die MDF 42 Top-Manager lokaler Medien. Es stellte sich heraus, dass im Januar dieses Jahres 64 % der befragten regionalen Medien von amerikanischen Gebern, die unter den Präsidialerlass über internationale Hilfe der USA fielen, die Mitteilung erhielten, dass die Finanzierung ihrer Projekte (oder institutionelle Unterstützung) für drei Monate ausgesetzt werde. Die Gesamtauswirkungen dieser vorübergehenden Einstellung der Finanzierung werden von den Redaktionen überwiegend negativ bewertet: 88 % der befragten Redaktionen bezeichnen die Situation als negativ, sehen jedoch eine Möglichkeit, einen Ausweg zu finden.
Der Mangel an Finanzmitteln hat zu einem massiven Rückgang des Werbemarktes und zu eingeschränkten Möglichkeiten der Leserunterstützung geführt, da die meisten Spenden für die Verteidigung verwendet werden. Infolgedessen sind die Redaktionen gezwungen, ihre Ausgaben zu kürzen, ressourcenintensive Content-Formate aufzugeben, die Anzahl der Veröffentlichungen zu reduzieren und die Budgets für technische Instrumente und Mitarbeiter zu kürzen. Besonders anfällig sind Medien im Osten und Süden, wo ein erheblicher Teil der Finanzierung von amerikanischen Zuschüssen abhängig war.
Die Redaktionen versuchen, ihre Teams zu halten, aber die meisten planen, auf Freiberufler zu verzichten, die Gehälter zu senken und einige sogar Personal abzubauen. Darüber hinaus übt die Ungewissheit über die langfristigen Aussichten psychologischen Druck auf die Journalist:innen aus, was zu einem Abfluss qualifizierter Fachkräfte führen könnte.
All das könnte die Qualität der journalistischen Arbeit erheblich beeinträchtigen und die Unabhängigkeit von lokalen Medien untergraben. Unter diesen Umständen ist es dringend notwendig, die Finanzierungsquellen zu diversifizieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, um die Nachhaltigkeit der regionalen Medien zu gewährleisten. Ansonsten laufen unabhängige Medien Gefahr, ihre in den Jahren des Krieges erworbene Expertise zu verlieren. Das würde den Zugang der Bevölkerung zu qualitativ hochwertigen Informationen erschweren und ein Informationsvakuum schaffen, das für die Verstärkung feindlicher Propaganda genutzt werden könnte.
Nach Ansicht der MDF-Forscher sollten Geberorganisationen zur Sicherung der Nachhaltigkeit unabhängiger Medien in der Ukraine ihre Finanzierungsquellen erweitern und sich für die Unterstützung der Medien in Hilfsprogrammen einsetzen. Außerdem sollten sie konsolidierte Fonds einrichten und Kofinanzierungsmechanismen einführen, um die Abhängigkeit von großen Zuschüssen zu verringern. Gleichzeitig müssen die Redaktionen ihre Finanzmodelle kritisch überprüfen, ihre Ausgaben optimieren und sich auf Crowdfunding, Abonnements und andere Formen der Interaktion mit ihrem Publikum umstellen. Ein wichtiger Schritt ist die strategische Planung sowie Investitionen in Marketing, um unabhängigen lokalen Medien zu helfen, in Zeiten sinkender internationaler Finanzmittel zu überleben.
Schlussfolgerungen
Die Finanzierung des unabhängigen Journalismus in der Ukraine läuft Gefahr, zu den Realitäten der 2000er Jahre zurückzukehren, als die meisten Medien von Oligarchen und politischen Gruppen abhängig waren. Vor den Wahlen birgt dies die Gefahr einer Verstärkung pro-russischer Narrative durch kontrollierte Medien. Um eine solche Krise zu verhindern, müssen die Finanzierungsquellen unabhängiger Medien diversifiziert werden. Neben der Suche nach neuen Fördermöglichkeiten sollten Redaktionen verstärkt Finanzierungsmodelle durch Abonnements und Spenden von Lesern entwickeln. Solche Formate funktionieren bereits erfolgreich bei großen internationalen Medien, ihre Anpassung an die Bedingungen in wirtschaftlich schwächeren Ländern kann jedoch schwierig sein. Gleichzeitig kann auch die Einbeziehung internationaler Organisationen in die Förderung journalistischer Initiativen zur Lösung des Problems beitragen. Derzeit ist die Lage noch ungewiss, aber es ist klar, dass ohne aktive Maßnahmen der unabhängige Journalismus in vielen Ländern in Gefahr geraten könnte. Angesichts der globalen Instabilität und der zunehmenden autoritären Tendenzen ist die Unterstützung unabhängiger Medien für den Erhalt demokratischer Institutionen von entscheidender Bedeutung.
Dieser Text wurde zuerst bei Megatrends Afrika veröffentlicht.
Schlagwörter:Medienentwicklungszusammenarbeit, Medienfreiheit, USAID