Die Macht in der öffentlichen Kommunikation verlagert sich immer mehr vom Journalismus zur PR.
Zwei Workshops. Beide in Berlin, in derselben Woche. Beide mit dem Ziel, Forscher und Medienpraktiker an einen Tisch zu bringen, zu einem ähnlichen Thema: Montags eruierte die Initiative Qualität (IQ), wie sich künftig Journalismus finanzieren lässt und schleuderte allen, die ihr tägliches Nachrichtenmenü gerne weiterhin gratis serviert bekämen, ihr trotziges „Qualität hat ihren Preis“ entgegen. IQ ist nicht nur ob des Kürzels bemerkenswert. Sie ist der einzige Club, der ein verstreutes Häuflein meist verbandlich organisierter Aufrechter über die Gräben der Journalisten-Gewerkschaften und Verlegerverbände vereint, auch über die deutschsprachigen Landesgrenzen hinweg. Die Rettungsanstrengungen von IQ zugunsten des hochwertigen Journalismus sind redlich und immer wieder irgendwie rührend, aber nicht mit den nötigen Ressourcen unterfüttert.
Freitags kam dann die Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation zusammen und beschäftigte sich mit der „Wertschöpfung durch Kommunikation“. Rund 30 deutsche und internationale Großunternehmen tragen diese Initiative. Auffällig wurde einmal mehr die Machtverschiebung in der öffentlichen Kommunikation. Hier eben nicht nur schrumpfende Redaktionen und Recherchekapazität, sondern auch schwindsüchtige Infrastrukturen: Abbau von Lehrstühlen, Verlagerung der Journalistenausbildung an Fachhochschulen, viel zu wenig Forschung, die journalistische Qualität und „Public Value“ von Journalismus misst – wie das immerhin in der kleinen, benachbarten Schweiz mit dem Jahrbuch Qualität der Medien geschieht, das heute zum sechsten Mal publiziert wird. Kein Interesse der Medienkonzerne, kein funktionierender Forschungstransfer.
Dort ungestümer Ausbau: Unternehmenskommunikation und damit PR etabliert sich mehr und mehr an den Unis; die Industrie unterstützt das nachhaltig. Man interessiert sich für den Forschungstransfer, differenzierte Forschungsansätze ermöglichen es Praktikern, Kommunikation strategisch zu denken sowie ihren Aufwand gegenüber ihren CEOs zu rechtfertigen.
Damit einhergehend ein „brain drain“, weg vom Journalismus, hin zur PR. Ob das Pendel je zurückschwingen wird?
N.B.: Stephan Russ-Mohl hat an beiden Workshops als Vortragender teilgenommen und ist Gründungsmitglied der „Initiative Qualität im Journalismus“.
Erstveröffentlichung: Tagesspiegel vom 26. Oktober 2015
Bildquelle: Niuton may / Flickr CC
Schlagwörter:Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation, Initiative Qualität (IQ), Jahrbuch Qualität der Medien, Journalismus, Public Value, Unternehmenskommunikation