LENA: Europäische Medien-Allianz

16. März 2015 • Redaktionsmanagement • von

Es ist die richtige Initiative zum richtigen Zeitpunkt, wobei es vielleicht schon fünf Minuten nach zwölf ist: Sieben große Zeitungen haben sich zusammengetan und LENA gegründet, die Leading European Newspaper Alliance. Gemeinsam wollen sie in ihren Blättern und auf ihren Newssites europäische Berichterstattungsprojekte anpacken und Beiträge austauschen.

Dies geschieht in einem Moment, da Europa auseinanderzubrechen droht, da Desinformations-Kampagnen in nie gekanntem Ausmaß den Redaktionen die Suche nach “Wahrheit” erschweren und da die ruinösen Folgen der Digitalisierung für den Journalismus solche nicht ganz neuen Formen der Zusammenarbeit eigentlich längst nahelegen.

Es bleibt freilich abzuwarten, ob den großen Worten auch Taten folgen. Werden sich im hektischen Alltagsgeschäft eher konservative Redaktionen wie die der Welt und von Le Figaro wirklich mit Forumszeitungen wie dem Züricher Tages-Anzeiger, der Tribune de Genève, dem einst als Gratisblatt gegründeten Brüsseler Le Soir sowie mit der italienischen La Repubblica und der spanischen Zeitung El País, die beide linkslastig sind, zu gemeinsamen Projekten zusammenfinden? Und lohnt sich der Übersetzungsaufwand?

Schön wäre es natürlich, wenn es von Anfang an Begleitforschung zu der Initiative gäbe, die mitverfolgt, wie sich die Dinge entwickeln. Aber für solche Aktivitäten sind gerade große Medienkonzerne meistens zu geizig. Immerhin floriert seit einigen Jahren – das hat gerade die Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienforschung in Bern gezeigt – die vergleichende Journalismus- und Medienforschung. Sie sei „den Kinderschuhen entwachsen“, so Keynote-Speaker Frank Esser von der Universität Zürich. Es fehlt bisher allerdings eine Zusammenschau der inzwischen ausufernden Forschungsergebnisse, um diese für die Medienpraxis nutzbar zu machen. Dabei könnte solche Forschung fraglos ihr Scherflein zum Zusammenwachsen Europas beitragen, wenn sie über die Sprach- und Kulturgrenzen hinweg auf Best-Practice-Beispiele, aber auch auf Fehlentwicklungen des Journalismus aufmerksam machte.

Ein leicht modifizierte Version des Beitrags erschien im Tagesspiegel vom 15. März 2015

 

Bildquelle: Screenshot/ElPais.com

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