Auch die unpolitischen Follower von Bloggern können für politische Inhalte interessiert werden.
Im Internet gibt es eine Menge erwartbare Quellen für politische Inhalte. Influencerprofile in den Sozialen Medien gehören nicht unbedingt dazu. Bei Ihnen geht es um Lifestyle und Konsum. So war etwa Rezo bis zur Veröffentlichung seiner „Zerstörung der CDU“ mehr für Musikvideos bekannt. Das politische Statement war ungewöhnlich und überraschend.
Die Kommunikationswissenschaftlerin Brigitte Naderer hat jetzt die Ergebnisse eines Experimentes mit 222 Personen veröffentlicht, bei dem sie die Wirkung unerwarteter politischer Inhalte untersucht hat. Die nach Alter, Geschlecht und Bildung repräsentativ zusammengesetzte Stichprobe wurde zufällig in zwei Gruppen geteilt. Die eine Gruppe wurde dem Profil einer politischen Aktivistin zugeordnet. Der anderen Gruppe wurde die gleiche Person als Bloggerin für Kochen, Essen und Lebensmittel vorgestellt. Beide Profile veröffentlichten über einen längeren Zeitraum thematisch einschlägige Beiträge: in der ersten Gruppe zum Thema Umwelt und in der zweiten Gruppe zu Kochen und Essen. Der letzte Beitrag in jeder Gruppe war dann die Aufforderung, sich an einer politischen Petition zum Klimanotstand zu beteiligen.
Politik für Unpolitische
Die Ergebnisse waren auf den ersten Blick nicht überraschend. Die Bereitschaft, die politische Petition zu unterstützen hing in erster Linie vom politischen Interesse ab, ganz unabhängig davon, welchem Profil die Personen folgten. Ein interessanter Nebeneffekt betraf aber die wahrgenommene Nähe der Probanden zur Bloggerin. Diejenigen, die sich für deren Food-Themen interessierten, identifizierten sich mit der Bloggerin und waren eher bereit, die Petition zu unterstützen.
Die Autorin schöpft daraus die Hoffnung, dass auf diesem Wege auch unpolitische Follower zur politischen Beteiligung bewegt werden können. Zum anderen gibt sie zu bedenken, dass durch Überraschung und persönliche Nähe auch das Risiko für politische Desinformation steigt.
Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de/12.06.2022
Beitragsbild: Javier Miranda/unsplash.com