Warum Dokumentationen so wichtig sind

28. Juni 2012 • Digitales • von

Weltweit schrumpfen die Budgets von Dokumentarfilmen. Ihre Zukunft ist bedroht – aber noch nicht verloren, stellt eine Studie fest und gibt Tipps, wie man die journalistische Darstellungsform retten kann.

Nick Fraser, Autor der vom britischen Reuters Institute for the Study of Journalism herausgegeben Studie „Why Documentaries Matter“, singt ein wahres Loblied auf Dokumentarfilme: Sie bildeten das wahre Leben ab und  würden helfen, die Welt zu erschließen, so Fraser. Darüber hinaus seien sie mutig und wissbegierig und würden deshalb zur Freiheit beitragen. Außerdem nähmen Dokumentarfilme in der zeitgenössischen Medienkultur nicht nur in Europa und den USA, sondern weltweit einen wichtigen Platz ein.

Dennoch geht Fraser davon aus, dass Dokumentationen von Fernsehveranstaltern vernachlässigt würden und im Schatten der zeitgenössischen fiktionalen Filmproduktion stünden.

Nick Fraser ist Redakteur bei der Dokumentationsserie Storyville des britischen öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders BBC und gibt in seinem Bericht Anstöße, wie man das Genre Dokumentarfilm retten könnte. „Wir müssen nicht nur sicherstellen, dass Dokumentarfilme produziert werden, sondern auch, dass sie weltweit erfolgreich verbreitet werden“, so Fraser. Knackpunkt sei hierbei die finanzielle Unterstützung. Er setzt sich für neue Methoden im Vertrieb und in der Finanzierung über das Internet ein, betont aber, dass sich auch das Fernsehen weiterhin für die Ausstrahlung von Dokumentarfilmen stark machen solle.

Seiner Ansicht nach sind Dokumentationen ein unerlässlicher Teil des öffentlich-rechtlichen Fernsehens: Daher sollten die Anstalten dieser Darstellungsform mehr Beachtung schenken anstatt sie auf späte Sendeplätze zu verbannen.

Mit gutem Beispiel gehe Skandinavien heran: Sowohl der schwedische Fernsehsender SVT als auch der dänische TV-Kanal DR haben kürzlich wöchentliche Programmplätze am frühen Abend für Dokumentationen geschaffen und betreiben dafür reges, in beiden Fällen sehr erfolgreiches, Marketing.

Fraser zeichnet auch neue Wege auf, wie Rundfunkunternehmen in Punkto Produktion von Dokumentationen besser zusammen arbeiten können und führt ein Beispiel aus Südafrika auf:

Als das Ausmaß der Aids-Epidemie in Südafrika deutlich wurde, haben sich dort mehr als 30 Rundfunkunternehmen zusammengeschlossen, um eine Serie von Dokumentationen zum Thema Aids zu ermöglichen und finanziell zu unterstützen. Die Produktion der Dokumentationen von lokalen Filmmachern standen unter der Schirmherrschaft der Stifung STEPS. Die Filme wurden zuerst im dortigen Fernsehen, dann mithilfe mobiler Kinos in Townships gezeigt und später auch im Westen ausgestrahlt.

Fraser fordert in seiner Studie Fernsehproduzenten dazu auf, international vernetzt zu denken und schlägt vor, dass Medienaufsichtsbehörden wie das britische Ofcom (Office of Communications) öffentlich-rechtliche Fernsehsender dazu verpflichten sollten, Dokumentationen auszustrahlen – zu für die Zuschauer annehmbaren Zeiten – und sie auch zusätzlich im Internet anzubieten.

Eine positive Entwicklung sieht der Autor in den Doku-Kanälen von YouTube und dem iPlayer von BBC, die beide online zahlreiche Dokumentarfilme zeigen. Bei der BBC sei man überrascht gewesen, wie gut vor allem die Dokumentationen bei den Nutzern ankommen und dementsprechend oft aufgerufen werden.

Ohne die Einmischung von großen Medienakteuren wie beispielsweise der BBC wäre es für viele Dokumentarfilmer unmöglich, ein weltweites Publikum finden, betont Fraser und fordert die BBC auf, noch einen Schritt weiterzugehen: Sie solle – möglicherweise mit Kooperationspartnern – einen weltweiten Online-Dokumentations-Service schaffen. Die Mehrheit der Inhalte solle dabei frei zugänglich sein, im Einklang mit der erzieherischen Mission der BBC.

„Why Documentaries Matter“ von Nick Fraser als pdf-Download auf der Website des Reuters Institute

 

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