Wechselseitiges Lernen

23. März 2011 • Qualität & Ethik • von

„Wir machen, was keiner mehr macht: mit den Leuten reden.“

So charakterisiert Stefan Kaltenbrunner, Chefredakteur des österreichischen Magazins Datum die „öffentliche Blattkritik“, die vor kurzem bei seinem Magazin eingeführt wurde. Zu jeder neuen Ausgabe lädt Datum einen Gastkritiker ins Literaturhaus Wien, um gemeinsam mit dem Publikum und der Redaktion über Geschichten, Fotos aber auch über journalistisches Selbstverständnis, generelle Blattgestaltung und -struktur zu diskutieren.

Die Leser mögen das. Mehr als eine Hundertschaft findet sich regelmäßig ein. Ein gutes Forum für ein Monatsmagazin wie Datum, das nicht zu den großen des Marktes gehört, aber zu den Auffälligen im österreichischen Journalismus. Datum erscheint zehn Mal jährlich in einer Verkaufsauflage von 10.000 Stück, erreicht aber auch an die 6.000 Leser via gratis App fürs iPad. Neben den sechs bis sieben ständigen Mitarbeitern arbeiten pro Ausgabe rund 15 Freie mit.

Eine regelmäßige Blattkritik hatte es bei Datum unmittelbar nach dessen Gründung 2004 schon gegeben. Jetzt soll dieses Instrument der Qualitätssicherung wieder belebt werden. Zweckdienliche Hinweise sollen diesmal nicht mehr nur von Experten kommen, sondern ebenfalls von den Lesern. Wohlwollende Kollegen der großen Printmedien, die sich hier mehr als Kombattanten für besseren Journalismus denn Konkurrenten am Kiosk sehen können, lassen sich gerne einbinden: Als Gastkritiker fanden sich unter anderem die Chefredakteure Michael Fleischhacker (Die Presse), Manfred Perterer (Salzburger Nachrichten) oder Peter Pelinka (News) ein.

Als Publikumskritiker kann jeder fungieren. Neben Kritik am aktuellen Inhalt wird auch dessen Entstehung mit den Kritikern und der Datumsredaktion besprochen. Dies ermöglicht einerseits ein Stück Transparenz und ist andererseits ein Beitrag zu media literacy beim interessierten Publikum.

Die Ergebnisse der Diskussionen werden protokolliert und anschließend intern diskutiert. Nach einigen Veranstaltungen wollen die Datum-Macher die wiederkehrenden Fehler analysieren und davon lernen. Als ein erstes Resultat wird bereits an der Struktur der Kolumnen gefeilt. Diese waren seit Start immer wieder von Profis und Laien gleichermaßen bemängelt worden.

Die Redakteure werden inzwischen immer öfter nicht nur auf konkrete Geschichten, sondern auch auf das neue Diskussions-Format angesprochen. Diskurs und Blattkritik werden so selbst zum Thema und zu einer guten Werbung.

Die nächste öffentliche Blattkritik findet am 29.03.2011 um 19.00 im Literaturhaus Wien statt

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