Die Journalistin Anne Preckel gibt Einblicke in die Corona-Berichterstattung des Nachrichtenportals Vatican News.
Vorab muss man festhalten, dass die Vatikanberichterstattung transnational ist, was mit der besonderen Struktur der katholischen Kirche zusammenhängt. Diese ist zentralistisch organisiert, gliedert sich zugleich aber in ein weltweites Netzwerk auf. Das spiegelt sich in der medialen Berichterstattung des Vatikan wieder. Das Multimedia-Portal des Heiligen Stuhls Vatican News umfasst 43 Sprachen und wird von über 30 Redaktionen gespeist, in denen Journalisten aus aller Welt arbeiten. Inhaltlich werden neben den Verlautbarungen und Aktivitäten des Papstes und des Heiligen Stuhles die Vorgänge in den Ortskirchen weltweit sowie Fragen globalen Interesses wie Umwelt- und Klimaschutz, Menschenrechte und Ethik behandelt.
Erster Corona-Fall im Vatikan am 6. März
Dieser transnationale und universelle Charakter der Vatikan-Berichterstattung hat sich mit der Corona-Krise nicht verändert. Natürlich berichtet Vatican News auch über die Infektionen im Vatikanstaat – am 6. März wurde der erste Corona-Fall im Vatikan bekannt – und informiert darüber, wie der Heilige Stuhl praktisch darauf reagiert.
De facto machen solche Nachrichten aber nur einen kleinen Teil der Vatikan-Berichterstattung zu Corona aus. Explizit werden vielmehr die Folgen der Pandemie in allen Ländern der Welt in den Blick genommen. Vatican News berichtet über die Auswirkungen der Virus-Krise auf das soziale Leben und die Glaubenspraxis, vertieft ethische Fragen im Zusammenhang mit Covid 19 und macht pastorale Angebote der Ortskirchen bekannt. Zudem berichten die Vatikanmedien natürlich über Papst Franziskus und die Haltung der Heiligens Stuhles angesichts dieser globalen Krise.
Folgen der Virus-Krise für Benachteiligte
Besonderes Augenmerk wird in der Berichterstattung – und das nicht erst seit Corona – auf Minderheiten und Randgruppen, Arme und Benachteiligte gelegt, die jetzt besonders auf Hilfe angewiesen sind. Vatican News berichtet etwa über Obdachlose und Flüchtlinge oder über Länder, in denen es an Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung aus unterschiedlichen Gründen mangelt.
Die Vatikanberichterstattung hebt einerseits die Hilfsarbeit des Vatikans, der Caritas und der humanitären Organisationen hervor. Andererseits wird der Einsatz einzelner Menschen und Berufsgruppen porträtiert, die in der Corona-Krise besonders gefordert sind und sich um die Linderung ihrer Folgen kümmern. Zu diesen gehören etwa Krankenschwestern und Ärzte, freiwillige Helfer und Priester, die sich um Kranke und Hinterbliebene, Familien und alte Menschen kümmern.
Beispiel für eine Gruppe, die in der Berichterstattung – auch der kirchlichen Berichterstattung – immer noch zu wenig Beachtung findet, sind Ordensfrauen. Sie stehen zum Beispiel im stark betroffenen Italien an vorderster Front im Kampf gegen die Corona-Pandemie: mit ihrem Einsatz in Kliniken und bei Alleinlebenden – und das unter Einsatz ihres Lebens.
Programmangebot erweitert
Auch über die sozialen Folgen der Pandemie, etwa für Familien und Arbeitnehmer, berichtet Vatican News. Zusätzlich dazu hat Vatican News sein Programmangebot erweitert. So führte die italienische Sprachredaktion zum Beispiel ein neues Radioprogramm ein, das Menschen im Einsatz gegen Covid 19 zu Wort kommen lässt, das über Solidaritäts-Initiativen informiert und vor allem die Opfer der Pandemie in den Blick nimmt. In diesem Kontext wurde zum Beispiel darüber berichtet, wie sich in vielen Gefängnissen die Lage der Häftlinge in der Corona-Krise verschärft.
Nähe in Zeit der Distanz
Um in der Corona-Krise alle Gläubigen weltweit zu erreichen, überträgt der Vatikan neuerdings alle Morgenmessen, Angelus-Gebete und Generalaudienzen des Papstes im Live-Stream und mit Live-Kommentar in sechs Sprachen: Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Deutsch, Englisch und Französisch. Die Morgenmessen von Papst Franziskus waren vor der Pandemie nicht als kommentierter Live-Stream und sowieso nie in voller Länge verfügbar. Corona änderte dies: das Virus, das Menschen weltweit auf Distanz verpflichtet, hat in der Vatikanberichterstattung Nähe akzentuiert – sei es auch nur virtuell.
Weil angesichts der Pandemie weltweit größtenteils keine öffentlichen Messen mehr stattfinden können und die Seelsorge großen Einschränkungen unterliegt, will Papst Franziskus mit diesem erweiterten Angebot gerade jetzt ein Zeichen spirituellen Beistandes aussenden. Bei seinen täglichen Frühmessen bittet er um Gebet für diejenigen, die durch das Virus in besonderer Weise betroffen sind.
Audience schnellt in die Höhe
Die Messen und Gebetsinitiativen des Papstes stoßen zur Zeit der Corona-Krise auf ein stark wachsendes Interesse. Wie wir beobachten konnten, wurden die Frühmessen des Papstes im deutschsprachigen Live-Stream zwei Wochen nach Start des Angebotes allein auf den Social-Kanälen von 50.000 Usern verfolgt. Die Zahl der Menschen, die auf Facebook, Youtube oder über das Vatican News-Portal zuschalten, hat sich seit den ersten Tagen des Angebotes damit mehr als verdoppelt. Darin sind die Zuschauer und Hörer der Partner-Sender von Vatican News (TV und Radio), die unsere Übertragungen übernehmen und ausstrahlen, nicht eingerechnet.
Man könnte sagen, dass das erweiterte Live-Angebot in besonderer Weise dem Kerngeschäft der Vatikanmedien und der dahinterstehenden Sendung entspricht. Als Journalist sollte man sich dabei vor Augen halten, dass es in der Vatikan-Berichterstattung nicht allein um Nachrichten und die Aufbereitung von Informationen geht, sondern auch um Seelsorge, Hoffnung und Solidarität. Dahinter steht eine ethische Haltung und die Überzeugung, dass gerade in Zeiten der Isolation und des Abschlusses geteilte Werte Brücken schlagen können. Und dass es den Ängsten und spirituellen Bedürfnissen der Menschen in der Corona-Krise ebenso zu begegnen gilt wie der Notwendigkeit, informiert und praktisch gewappnet zu sein. Dieser Ansatz schließt journalistische Sorgfalt, Stimmenvielfalt und Ausgewogenheit in der Berichterstattung nicht aus.
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