Wenig Kompetenz (Weko)

16. September 2015 • Medienökonomie, Redaktion & Ökonomie • von

Eine Klage aus liberaler Sicht: In der Schweizer Medienbranche versagt die Wettbewerbskommission.

Monopol

In der Schweiz haben die Großverlage Ringier und Tamedia ein Quasimonopol errichtet.

Der kleinste Fall der letzten Jahre war das Langenthaler-Tagblatt. Die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) entschied, dass der Medienkonzern Tamedia das Blatt übernehmen darf. Tamedia stellte das Blatt dann sofort ein und integrierte es in ihre Berner Zeitung. Seitdem gibt es in Langenthals Presse keinen Wettbewerb mehr.

Der größte Fall der letzten Jahre ist das Joint Venture von SRG, Swisscom und Ringier. Die drei legten soeben ihre Werbevermarktung, über 600 Millionen Franken, in einer gemeinsamen Firma zusammen. Die Wettbewerbskommission wird wohl auch dazu ja sagen. Sie wird erneut dafür sorgen, dass es im Mediengewerbe noch weniger Wettbewerb gibt.

So geht es seit einem guten Jahrzehnt. Nach 2000 erlitt unsere Medienbranche einen dramatischen Verlust an unternehmerischem Wettbewerb. Zweiundzwanzig größere und mittlere Medienunternehmen sind in dieser Zeit vom Markt verschwunden. Alle 22 wurden übernommen von vier überregionalen Verlagshäusern, von Tamedia, Ringier, der NZZ-Gruppe und den AZ Medien. Wann immer einer aus dem Quartett einen Konkurrenten aufkaufte, ließ die Wettbewerbskommission ihn gewähren. Nie sah sie ein Problem darin, dass in fast allen diesen Deals der freie Wettbewerb erodierte und oft Quasimonopole entstanden.

Für Nostalgiker führen wir eine kurze Auswahl der 22 Aktiengesellschaften im Mediensektor auf, die ihre Selbständigkeit verloren: Espace Media, Edipresse, Zürichsee-Presse, Huber, Dietschi, Vogt-Schild, Lüdin, Publi-Groupe, Akeret, Ziegler, Maihof, 20 Minuten.

Hinter den Übernahmen verbergen sich bekannte Medienmarken, die von der Neuen Luzerner Zeitung, Tribune de Genève und dem Landboten bis zu Tele Züri, Radio Energy und Search.ch reichen.

Die Folgen sind Märkte, die keine kompetitiven Märkte mehr sind. Nur in zwei Deutschschweizer Agglomerationen, in Zürich und in Basel, gibt es noch zwei klassische Tageszeitungen aus zwei konkurrierenden Verlagen. Sonst herrscht überall Monokultur.

Sogar auf den neuen Internet-Rubrikenmärkten haben die Großverlage Ringier und Tamedia in kurzer Zeit – und mit dem Segen der Weko – ein Quasimonopol errichtet. Mit Jobs.ch, Homegate.ch, Ricardo.ch und Scout24.ch gingen alle führenden Internetplattformen an dieses Duopol, das teils gar kreuzweise beteiligt ist. Die Weko hat diese Verdichtung nicht nur zugelassen. Sie hat aktiv mitgestaltet, dass aus der vielfältigen Medienlandschaft Schweiz eine Einöde der Marktferne entstand. Denn die Weko und ihr Direktor Rafael Corazza haben in Medienfragen wenig Kompetenz. Sie überschätzen stets die kleinen Nischenanbieter im Markt und schließen deshalb auf eine funktionierende Konkurrenz auch dort, wo es diese Konkurrenz nicht mehr gibt.

Aus liberaler Sicht ist das sehr diskutabel. Jeder echte Liberale steht für Marktwirtschaft und freien Wettbewerb. Nichts bekämpft er heftiger als Monopole. Sie sind die Boten der ökonomischen Unfreiheit. Darum ordnet jeder echte Liberale, bei all seiner sonstigen Staatsskepsis, dem Staat eine zentrale Aufgabe zu. Der Staat muss dafür sorgen, dass der freie Wettbewerb funktioniert. Er muss Verzerrungen des Markts regulatorisch unterbinden.

Die Entwicklung der Schweizer Medienwirtschaft hält sich nicht an diese Regel. Immer weniger Anbieter dominieren den Markt. Der Wettbewerb ist reduziert – und diese kartellistische Tendenz wird auch im neuesten Fall von SRG, Swisscom und Ringier fortgesetzt. Die Wettbewerbskommission ordnet nicht. Für echte Liberale ist das nicht liberal.

Dieser Beitrag (hier leicht modifiziert) erschien zuerst in der Weltwoche vom 3. September 2015.

Inzwischen hat die Wettbewerbskommission (Weko) angekündigt, die Gründung der gemeinsamen Werbevermaktungsfirma von Ringier, SRG und Swisscom genauer unter die Lupe zu nehmen, da sich eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken könnte.

Bildquelle: William Warby / Flickr.com

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