Modell der Rentabilität

13. Mai 2016 • Redaktion & Ökonomie • von

Ausgerechnet die oft geschmähte Basler Zeitung zeigt vor, wie Zeitungen künftig glänzend überleben.

1024px-Basler_Zeitung_by_Thomas_Leuthard_DetailAm schlimmsten war es im Jahr 2009. Die Basler Zeitung gehörte damals noch der Verlegerfamilie Hagemann. Sie gehörte ihr seit 58 Jahren. Die Familie fuhr einen Rekordverlust von zwölf Millionen Franken ein.

Das Blatt war am Boden. Ein Jahr danach mussten die Hagemanns ihr marodes Medienhaus verkaufen.

Heute, sechs Jahre später, erleben wir eine der wundersamsten Auferstehungen unserer Pressegeschichte. Die vormals scheintote Basler Zeitung, gekürzelt die BaZ, ist heute die rentabelste Zeitung der Schweiz. Sie verdient mehr Geld als alle anderen.

Das ist nicht nur betriebswirtschaftlich bemerkenswert. Noch interessanter ist es aus strategischer Sicht, weil die BaZ ein neues Strukturmodell für eine ganze Branche lieferte. Sie zeigt, wie Regionalzeitungen auch künftig reüssieren können, und dies, wie früher, als gedruckte Blätter.

Als die Hagemanns ihren Verlag verkaufen mussten, verkauften sie einen mittleren Medienkonzern. Neben dem Stammblatt hielten sie eine Vielzahl von Lokalblättern, hatten ein Radio, besaßen zwei Druckereien und saßen auf einem großen Immobilienbesitz.

Die Hagemanns beschäftigten damals 1200 Mitarbeiter. Der Umsatz lag bei 260 Millionen, der Verlust bei etwas über 12 Millionen.

Inzwischen hält ein Trio zu gleichen Teilen das Unternehmen: Markus Somm, der Chefredaktor, Rolf Bollmann, der Verlagschef, und Christoph Blocher, der Investor. Die drei schmissen alles raus, was es nicht zum publizistischen Überleben des Stammtitels brauchte. Die Lokalblätter, die Druckereien wie die Immobilien wurden allesamt abgestoßen.

Die Aufräumarbeit machte Bollmann, ein früherer Spitzenfußballer mit dem Übernamen Eisenfuß. Er griff eisern durch und warf allen nichtjournalistischen Ballast von Bord. Als Folge davon ist die BaZ heute kein mittlerer Medienkonzern mehr. Sie ist nur noch eine Zeitung, und sonst gar nichts.

Die BaZ-Gruppe beschäftigt heute noch hundert Mitarbeiter, achtzig von ihnen auf der Redaktion. Der Umsatz liegt bei 48 Millionen, der Reingewinn, das sogenannte Ebit, bei etwas über 6 Millionen.

Mit diesem Reingewinn weist die Basler Zeitung eine Umsatzrendite von 12,7 Prozent aus. Das ist Schweizer Rekord. Tamedia kommt auf derselben operativen Ebene auf 12,3 Prozent, die NZZ-Gruppe auf 4,7 Prozent, Ringier auf 2,2 Prozent. Die enorme Profitabilität der BaZ erklärt sich dadurch, dass man keine dieser belastenden Abschreibungen mehr auf Druckmaschinen und Immobilien diskontieren muss.

Darum ist Basel ein Entwurf der Zeitungszukunft geworden. Die Firma besteht zu achtzig Prozent aus Journalisten. Das ist die weitaus höchste Redaktoren-Rate der Branche. Sie zeigt: Mit reinem Journalismus, ohne Zusatzaktivitäten, kann man auch in Zukunft hübsch Geld verdienen.

Wo dieser Journalismus politisch steht, hat keine ökonomische Relevanz. Es ist nicht von Belang, dass die linken Kritiker die konservative BaZ stets heftig schmähen. Bedeutsamer ist, dass man hier ein nachhaltiges Überlebensmodell für die Regionalpresse entwickelte.

Es gibt viele mittelgroße Blätter in der Schweiz, die in derselben Situation sind wie die mittelgroße BaZ vor ein paar Jahren. Ich denke an Titel wie Neue Luzerner Zeitung, Bieler Tagblatt, Schaffhauser Nachrichten oder St. Galler Tagblatt. Auch sie bewirtschaften Druckereien und Immobilien und allerlei sonstige Aktivitäten, die wegen hoher Abschreibungen ein Klotz am Bein sind.

Sie können von Basel lernen. Wenn Zeitungen nur noch Zeitungen sind, dann können Zeitungen glänzend überleben.

Erstveröffentlichung: Weltwoche vom 4. Mai 2016

Bildquelle: Thomas Leuthard / wikipedia.org: Coffeehouse in Basel (2011), Lizenzbedingungen: http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

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