Jemen, ein Land an der Südspitze der Arabischen Halbinsel, ist seit 2015 in multiple Kriegsebenen verwickelt, die enormes Leid über die Bevölkerung bringen und die Infrastruktur zerstören. Diese Konflikte haben die lokalen Medien und Journalist:innen in Jemen vor große Herausforderungen gestellt und zu tiefen Gräben in der Medienlandschaft geführt. Hürden, wie Gerichtsverfahren, Zensur, Einschüchterungen, Todesstrafen, willkürliche Festnahmen, Entführungen und Ermordungen von Journalist:innen machen die Lage noch schwieriger.
Trotz des Ernstes der Lage ist der Jemen nach wie vor ein wichtiger Transitpunkt für eine der verkehrsreichsten und gefährlichsten Migrationsrouten der Welt. Dennoch wird in den internationalen Medien nur selten darüber berichtet, da sich die internationale Medienberichterstattung den verflochtenen Interessen der ölreichen Länder, die die Koalition anführen, und der globalen Großmächte, die die von Saudi-Arabien geführte Militärintervention im Jemen unterstützen, anpasst.
Auf lokaler Ebene wird der anhaltende Konflikt im Land von Medienfachleuten und Journalist:innen auf unterschiedliche Weise aufgegriffen, je nach politischer und sozialer Zugehörigkeit und der Schwere der Auswirkungen des Krieges auf verschiedene Regionen. Die lokalen Medien beleuchten das Leiden der jemenitischen Zivilbevölkerung unter dem Krieg und berichten über die schwierigen humanitären Bedingungen, mit denen die Bevölkerung konfrontiert ist, wie z. B. unsichere Lebensmittel- und Wasserversorgung, Medikamentenknappheit, Ausbruch von Krankheiten und andere humanitäre Probleme im Zusammenhang mit dem Krieg.
Die enorme Polarisierung der Medienschaffenden im Jemen als Folge des Krieges hat die Medien zu einem Instrument in den Händen der Kriegsparteien gemacht, sei es auf lokaler oder regionaler Ebene. Angesichts der durch den Krieg verursachten Wirtschaftskrise versuchen die meisten Medienschaffenden nun, ihren Lebensunterhalt durch andere Jobs zu sichern. Andere akzeptieren für Medien zu arbeiten, die eine konträre politische Agenda verfolgen. Darüber hinaus sehen sich Journalist:innen mit enormen Herausforderungen konfrontiert, wie z. B. Einschränkungen der freien Meinungsäußerung, fehlende Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. All dies erschwert es extrem qualitativ hochwertige Berichte zu produzieren und die Mächtigen für ihr Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Besonders betroffen ist der investigative Journalismus, denn es mangelt an Ressourcen, aber auch an Zugang zu bestimmten Gebieten für die Berichterstattung aufgrund der Zerstörung und politischen Zersplitterung durch das verheerende Kriegsgeschehen.
Obwohl Journalist:innen bei ihrer Arbeit mit enormen Problemen konfrontiert sind, finden sie in der Regel andere Lösungen, um die Hürden zu überwinden, z. B. durch die Zusammenarbeit mit Journalist:innen und Medien im Ausland, durch die Nutzung sozialer Medien als wirksames Instrument um die traditionellen Medien zu umgehen, oder durch den Aufbau von Netzwerken und Informant:innen, um Zugang zu Informationen wiederzuerlangen und Fakten zu überprüfen.
Jedoch fehlt es im Jemen an professionellen und glaubwürdigen Medien, die wichtige Debatten zu nationalen Interessen der Bevölkerung zu führen vermögen. Außerdem mangelt es an Institutionen, die sich für die Einhaltung journalistischer Ethik und Standards einsetzen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Medien im Jemen von den Kriegsparteien als Mittel zur Mobilisierung und politischen Polemik eingesetzt werden.
Um diese Herausforderungen, mit denen jemenitische Journalist:innen konfrontiert sind, zu bewältigen, bedarf es einer Reihe von Maßnahmen. Hier sind einige Beispiele:
- Verbesserte Sicherheit: Es sollten größere Anstrengungen unternommen werden, um den Friedensprozess im Jemen voranzutreiben, einschließlich des Schutzes von Journalist:innen und der Rechenschaftspflicht derjenigen, die sie angreifen.
- Entwicklung der Medien: Es sind Investitionen erforderlich, um den Jemen bei der Entwicklung seiner Medienbranche zu unterstützen, u. a. durch die Ausbildung von Journalist:innen und die Bereitstellung von Ressourcen, die Unterstützung der Entwicklung neuer Medien und die Förderung der Medienkompetenz in der breiten Öffentlichkeit.
- Advocacy und Unterstützung: Regierungen, internationale Organisationen und zivilgesellschaftliche Organisationen sollten zusammenarbeiten, um die Pressefreiheit im Jemen zu unterstützen und für sie einzutreten, einschließlich der Bekämpfung von Zensur und Medienbeschränkungen.
Die Jemenit:innen wünschen sich Medienplattformen, die sich an professionelle und ethische journalistische Standards halten und über verschiedene soziale, wirtschaftliche, politische und humanitäre Themen berichten. Und nicht die parteiische politische Rhetorik, die sich seit langem der Sprache der Diskriminierung, des Klassenkampfes, des Stammesdenkens, des Regionalismus und des Sektierertums bedient, und somit das soziale Gefüge des Jemen in den letzten acht Jahren katastrophal beeinträchtigt und zerrissen hat. Die Jemenit:innen brauchen heute mutige Medienplattformen, die von einem politischen und nationalen Willen, unabhängig von regionalen oder internationalen Zugehörigkeiten, getragen werden, um eine breite Palette von Themen, die ihr tägliches Leben betreffen, professionell und objektiv zu behandeln und die Interessen aller Jemenit:innen zu schützen.