Das Internet und die sozialen Medien mögen mit dafür verantwortlich sein, dass sich das öffentliche Misstrauen in die Medien und das Problem der Fake News verschärft hat. Wie der Digital News Report 2017 zeigt, wird das Misstrauen in vielen Ländern aber hauptsächlich durch eine tiefverwurzelte politische Polarisierung und eine wahrgenommene Einseitigkeit der Mainstream-Medien bedingt.
Der Bericht, der auf einer Befragung von 70.000 Teilnehmern in 36 Ländern basiert, kommt auch zu dem Ergebnis, dass einige Nutzer der sozialen Medien zwar durchaus in Filterblasen und Echokammern landen können, generell aber diejenigen, die soziale Medien, RSS-Reader und Suchmaschinen nutzen, mehr Medienvielfalt erfahren als Nichtnutzer.
Die wirtschaftliche Lage bleibt für die meisten Medienunternehmen extrem schwierig, aber es gibt dennoch Gründe für Optimismus. Die Anzahl der Nutzer, die Werbeblocker nutzen, hat sich nicht erhöht, während in einigen Ländern immer mehr Rezipienten für Online-Nachrichten zahlen und auch die Spendenbereitschaft für Medienunternehmen gestiegen ist.
Die Antworten der Befragten des Digital News Report lassen vermuten, dass in Zukunft mehr Nutzer bereit sein werden, für Nachrichten zu zahlen, solange die Inhalte hochwertig, relevant und bequem zu nutzen sind.
Die 14 wichtigsten Ergebnisse:
1. In einigen Ländern werden weniger Nachrichten über soziale Medien bezogen, da Nachrichtenapps mehr Privatsphäre bieten und daher beliebter werden. WhatsApp macht Facebook als Nachrichtendienst in einigen Märkten inzwischen Konkurrenz, so nutzen in Malaysia 51%, in Brasilien 46% und in Spanien 32% den Messenger, um Nachrichten zu rezipieren.
2. Nur knapp ein Viertel (24%) der Befragten ist der Ansicht, dass soziale Medien Fakten und Fiktion deutlich genug voneinander trennen. Den Nachrichtenmedien trauen dies 40% zu. Die Nutzer sehen den Mangel an Regeln zur Kontrolle der sozialen Medien und die Kombination mit viralen Algorithmen als einen Grund für niedrige Qualität und für die schnelle Verbreitung von Fake News.
3. Das Vertrauen in die Medien ist in den 36 Ländern sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Finnen (62%) vertrauen den Medien am meisten, die Griechen und Südkoreaner am wenigsten (23%).
4. In den meisten Ländern ist eine starke Korrelation zwischen dem Misstrauen in die Medien und wahrgenommenen politischen Tendenzen in der Berichterstattung der Medien feststellbar. Dies trifft vor allem in Ländern mit hoher politischer Polarisierung zu, zum Beispiel in den USA, Italien und Ungarn.
5. Fast ein Drittel der Befragten (29%) gibt an, oft oder manchmal gezielt Nachrichten zu vermeiden. Viele begründen dies mit einem schlechten Einfluss der Nachrichten auf ihre Stimmung, andere damit, dass sie sich auf den Wahrheitsgehalt der Nachrichten nicht verlassen könnten.
6. Der mobile Nachrichtenkonsum nimmt weiterhin zu und drängt den Zugang per Computer in vielen Ländern an die zweite Stelle. Die Nutzung von mobilen Benachrichtigungen für Nachrichten ist innerhalb des vergangenen Jahres bedeutend gestiegen, besonders in den USA (8 Prozentpunkte im Vergleich zu 2016), Südkorea (+7) und Australien (+4), was auch die Entwicklung von Nachrichtenapps gefördert hat.
7. Auch die Nutzung von mobilen News-Aggregatoren hat zugenommen. Besonders stark hat Apple News profitiert, aber auch Snapchat Discover, das sich vor allem an jüngere User wendet, konnte Zuwachs verzeichnen. Beide haben die Nutzerschaft in ihrer jeweiligen Zielgruppe im vergangenen Jahr verdoppelt.
8. Smartphones sind für den Nachrichtenkonsum zu Hause inzwischen ebenso relevant wie unterwegs. Mehr Smartphonenutzer greifen im Bett auf Nachrichten zu (46%) als auf dem Weg zur Arbeit.
9. Stimmaktivierte digitale Assistenten wie Amazon Echo bilden sich als neue Plattform für Nachrichten heraus. Sie liegen in den USA und im Vereinigten Königreich bereits vor den Smart Watches.
10. In den USA haben mehr Menschen Online-Nachrichten-Abos abgeschlossen, dort war ein auffälliges Trump-Hoch (“Trumb Bump“) zu verzeichnen. Zudem wurde dreimal so viel für Medienunternehmen gespendet wie im Vorjahr. Die meisten dieser Zahlungen stammten von jungen Menschen – der Vorwurf, dass junge Menschen nicht bereit seien, für Online-Medien, geschweige denn für Nachrichten Geld auszugeben, scheint also nicht haltbar zu sein.
11. In allen Ländern zahlt nur ungefähr einer von zehn Nutzern (13%) für Online-Nachrichten. In einigen Regionen (Nordeuropa) funktioniert dieses Modell aber besser als in anderen (Südeuropa und große Teile von Asien).
12. Die Anzahl derjenigen, die auf ihrem Computer einen Werbeblocker nutzen, hat sich nicht erhöht (21%). Auch auf dem Smartphone nutzen ihn nur wenige (7%). Mehr als die Hälfte der Befragten in Polen und Dänemark (je 57%) sowie den USA (52%) geben an, ihre Ad-Blocker vorübergehend abgeschaltet zu haben.
13. Es gibt neue Anzeichen dafür, dass Nachrichtenmarken es auf dezentralen Plattformen schwer haben könnten, sich durchzusetzen. Ein Experiment mit mehr als 2000 Teilnehmern in Großbritannien ergab, dass die meisten sich zwar erinnern konnten, auf welchem Weg sie eine Nachricht gefunden hatten (Facebook, Google, etc.), nur knapp die Hälfte aber wusste, von welchem Medium die Nachricht veröffentlicht wurde, auf die sie über Suchmaschinen (37%) oder soziale Medien (47%) zugegriffen hatten.
14. Österreicher und Schweizer haben die engste Verbindung zu gedruckten Zeitungen, Deutsche und Italiener schauen am liebsten Fernsehnachrichten und Lateinamerikaner beziehen mehr Nachrichten über soziale Medien und Messenger-Apps als Menschen in anderen Teilen der Welt.
Der Digital News Report zum Download
Zum Thema auf EJO: Viele nutzen soziale Medien, vertrauen ihnen aber nicht
Original-Version auf Englisch: 14 Key Findings from the Digital News Report 2017
Übersetzt von Johanna Mack
Schlagwörter:Digital News Report 2017, Facebook, Medienvertrauen, Nachrichtenapps, Reuters Insitute for the Study of Journalism, Smartphones, Soziale Medien, Whatsapp