Der Europarat hat 27 Standards für Medien in der Demokratie definiert. In Serbien werden davon nur vier geachtet.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Serbian Media Scene VS European Standards“ („Die serbische Medienlandschaft versus europäische Standards“), die die rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und professionellen Rahmenbedingungen der Medienindustrie in Serbien analysiert.
Lediglich „die Freiheit, Journalismus als Beruf zu wählen, Internet-Freiheit und Zugang zu ausländischen Medien, Trennung zwischen Regierungsbehörden und Journalismus, Begrenzung der Rechte auf Exklusivität in Berichten“ würden gewährleistet, so das Ergebnis der Analyse.
Im Mittelpunkt der Studie – durchgeführt von der Vereinigung unabhängiger Journalisten Serbiens (NUNS), dem Verband unabhängiger elektronischer Medien (ANEM), dem unabhängigen Journalistenverband aus Vojvodina (NDNV) und dem Verband der lokalen Presse – stehen Interviews mit 240 Redakteuren, 69 Medienbesitzern, 40 Politikern, 50 Angehörigen von neun nationalen Minderheiten und Vertretern von Medienregulierungsbehörden.
Nur zwei Prozent der befragten Journalisten sind der Ansicht, dass in Serbien Pressefreiheit und Rechte der Journalisten gewährleistet würden. 72 Prozent sind jedoch der Meinung, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfundsender unter politischer Einflussnahme stünden. 66 Prozent gehen davon aus, dass nur Parteimitglieder oder diejenigen mit guten Verbindungen zur Politik höhere Positionen in den Medien erreichen könnten.
NUNS-Vorsitzender Vukasin Obradovic macht in diesem Zusammenhang auf die großen finanziellen Probleme der beiden serbischen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender (Radio-Television Serbia and Radio-Television Vojvodina) aufmerksam: Diese machten die Sender sehr empfänglich für Einflüsse von außen. Aufgrund fehlender Transparenz und Dokumentation seien auch nie die zwei Hauptfinanzierungsquellen von RTS offen gelegt worden.
Die Koordinatorin der Studie, Jovanka Matic, unterstreicht, dass alle staatseigenen Medien in Serbien vom Staatshaushalt finanziert werden. Die Budgetzuordnung sei weder transparent noch ausgewogen.
Laut des Vorsitzenden des Verbands der lokalen Presse, Dejan Miladinovic, wurden 2011 40 Millionen Euro des serbischen Staatshaushalts für Werbung in den Medien ausgegeben. Diese Tatsache ist besonders alarmierend, wenn man bedenkt, dass das monatliche Durchschnittsgehalt eines Journalisten in 72 Prozent der befragten Medienunternehmen weniger als 30.000 Dinar beträgt (ca. 260 Euro).
2011 sind in Serbien insgesamt 73 Fälle bekannt geworden, in denen die Pressefreiheit und Medienrechte verletzt wurden – dazu zählen neun körperliche Attacken auf Journalisten, 18 Bedrohungen und die Entlassung von vier Chefredakteuren.
Im gleichen Zeitraum wurden serbische Medien 242 Mal vor dem Gerichtshof in Belgrad angeklagt: Die meisten Klagen (47) wurden gegen das Unternehmen Ringier erhoben, gefolgt von den Tageszeitungen Kurir (34), Press (27), Novosti (17) und Politika (14). Die am häufigsten verklagten Fernsehsender waren TV B92, TV Pink und RTS.
Hier geht es zur Studie Serbian Media Scene VS European Standards (auf Englisch).
Schlagwörter:Demokratie, Europarat, Medien, öffentlich-rechtlich, politische Einflussnahme, Pressefreiheit, Rundfunk, Serbien, Standards