Bröckelnde Mauern

11. November 2008 • PR & Marketing • von

Erstveröffentlichung: Message 4 / 2008
“Keine Festung ist so stark, dass Geld sie nicht einnehmen kann.”

Floria Fee Fassihi umreißt dank dieses vorangestellten Aphorismus von Cicero treffend das Kernproblem ihrer Arbeit, mit der sie an der Universität Hamburg promovierte.

Die Hörfunk- und TV-Journalistin sowie Dozentin für Journalistik geht in ihrem Buch der Frage nach, wie groß der Einfluss von Public Relations und Werbung auf journalistische Inhalte ist. Die Autorin kommt zwar zum wenig überraschenden Schluss, dass der Journalismus eindeutige Merkmale aufweist, die auf eine stetig steigende Kommerzialisierung des Journalismus – und damit auf eine Einflussnahme seitens der PR und der Werbung – hindeuten. Der Reichtum an Details aus den Fallbeispielen und die Experteninterviews mit zahlreichen Akteuren, die auf dem Gebiet der Trennung von Werbung und Programm tätig sind, bieten jedoch eine Fülle von Informationen aus der Praxis, die eine Lektüre des Buches durchaus rechtfertigen.

Werbefreundliche Umfelder, Sonderwerbeformen, die Verschmelzung von redaktionellen und Anzeigen-teilen sowie Kosten- und Verwertungsoptimierung sind Indikatoren des höheren Einflusses unternehmerischer Interessen innerhalb von Medienorganisationen hin. Die Gründe für eine zunehmende Erosion des Trennungsgrundsatzes sieht die Autorin nicht nur in der Abhängigkeit von finanzstarken Anzeigenkunden. Ebenso das passive Verhalten der Journalisten, die zur Existenzsicherung häufig selbst Aufträge aus dem PR-Bereich annehmen müssen, und insbesondere die mangelnde Qualität in der Journalistenausbildung führen immer wieder dazu, dass PR-Agenturen die Medien spürbar beeinflussen.

Fassihi bietet zuguterletzt Lösungsvorschläge zum besseren Umgang der Journalisten mit PR an – aber auch mit Werbung, was jedoch nicht explizit erwähnt ist. Die bisherigen Lösungsansätze aus der Forschung hätten sich als wenig praxistauglich erwiesen. Aufgrund gesetzlicher Normen, Verhaltenskodizes und Selbstverpflichtungserklärungen sei jedoch ersichtlich, dass in der Gesellschaft durchaus ein Konsens bestehe, das Steuerungspotential der Werbung sowie der PR zu stutzen. Die Autorin setzt dabei vor allem bei der Produktionspraxis journalistischer Inhalte an: Einerseits soll durch eine Kennzeichnungspflicht mehr Transparenz hergestellt werden. Andererseits sollen aber auch die Unternehmen in die Verantwortung genommen werden, indem festgeschrieben wird, dass sie auf illegitime und kommerzielle Beeinflussung von Journalisten verzichten.

Das Buch bietet insbesondere für Medienpraktiker reichhaltige Informationen über die ansteigende Durchmischung von Journalismus, Werbung und PR. Gerade die Beispiele verdeutlichen – oftmals mit überraschender Unverblümtheit – wie drastisch kommerzielle Interessen auf das redaktionelle Schaffen durchschlagen.

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