Schreiben und schreiben lassen

15. Dezember 2014 • Digitales, Redaktionsmanagement • von

Verschiedene Studien zeigen, wie Redaktionen Reaktionen ihrer Leser und User steigern können. Ein Patentrezept ist nicht darunter. 

Wenn Medien wichtig bleiben wollen, müssen sie zur Meinungsbildung beitragen. Populär ist, online Texte zu kommentieren und so sich einzumischen und zu diskutieren. Doch da läge mehr drin und es verwundert, warum manche Themen, die eine Redaktion wichtig dünken, mindestens online für viele Menschen einfach kein Gesprächsstoff zu sein scheinen.

Aktuelle Studien liefern Anregungen, wie sich online eine lebendigere Gesprächskultur entwickeln lässt. Patrick Weber (Universität Zürich) analysierte 1000 Texte aus drei deutschen Zeitungen.

Aus seinen Ergebnissen folgt: Wer kompakte Analysen mit regionalem oder nationalem Fokus verfasst, bei denen klar herausgearbeitet ist, wie dies eine konkrete gesellschaftliche Gruppe betrifft, hat gute Chancen, dass ein Gespräch entsteht; noch laufende Debatten werden hingegen ungern kommentiert. Der Mainzer Publizistikwissenschaftler Oliver Quiring und sein Team untersuchten Diskussionsverläufe bei politischen Ereignissen, um herauszufinden, welche Art von Kommentar online zum Gespräch anregte. Ergebnis: Eine Reaktion erhält am ehesten, wer sich kontrovers äußert, den anderen mit Namen anspricht, etwas fragt, sich früh ins Gespräch einmischt und Substanzielles sagt.

Motivierend wirken Belohnungen, erklärt Natalia Stroud von der Universität Texas. Die „New York Times“ steuere den Diskurs auch durch „NYT Picks“: Die Redaktion exponiert Leser-Kommentare, die sie für lesenswert hält, die nachdenklich machen, Expertise spiegeln – und fördert so gut geschriebene Kommentare. Stroud belegt, wie förderlich es ist, wenn sich ein Redaktionsmitglied im Gesprächsverlauf zu einer Geschichte aktiv einbringt, Fragen beantwortet und stellt, Material ergänzt: Die Gesprächsbereitschaft steigt, die Zahl der unflätigen Kommentare hingegen sinkt.

Fazit: Gut, dass wir darüber gesprochen haben, reicht nicht. Ziel muss sein: Gut, wie wir darüber gesprochen haben.

Bildquelle: dulnan/flickr.com

Erstveröffentlichung: Der Tagesspiegel vom 07.Dezember 2014

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