Wie eine Studie zeigt, wird in kleinen Medienmärkten wie Dänemark anders über Wissenschaft berichtet als in großen Medienmärkten wie Großbritannien.
Die meisten Studien zur Wissenschaftsberichterstattung wurden bislang in großen anglo-amerikanischen Medienmärkten durchgeführt. Allerdings vermuteten zwei Wissenschaftler von der Universität Aarhus (Dänemark), dass in kleinen Medienmärkten anders über Wissenschaft berichtet wird als in großen Medienmärkten. Ihre vergleichende Analyse von Wissenschaftsnachrichten aus Dänemark und Großbritannien bestätigt, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lagen.
Gunver Lystbaek Vestergaard und Kristian Hvidtfelt Nielsen untersuchten für ihre Studie, deren Ergebnisse sie kürzlich im European Journal of Communication veröffentlichten, je drei überregionale Zeitungen mit ihren jeweiligen Onlineausgaben aus Großbritannien (The Guardian, The Daily Telegraph und The Daily Mail) und Dänemark (Jyllands-Posten, Politiken und BT). Für die quantitative Analyse wählten sie einen einwöchigen Untersuchungszeitraum im November 2012.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sich die Themensetzung in der Wissenschaftsberichterstattung beider Länder erheblich unterscheidet. Während sich die britischen Zeitungen vor allem auf Gesundheit (über die Hälfte aller Beiträge) und die Naturwissenschaften (ein Viertel aller Beiträge) konzentrierten, fassten die dänischen Medien den Wissenschaftsbegriff weiter und berichteten mehr über Geistes- und Sozialwissenschaften (jeweils etwa ein Viertel aller Beiträge). In den britischen Medien wurden nur in weniger als zehn Prozent der Beiträge Geistes- und Sozialwissenschaften thematisiert.
Aufhänger für Wissenschaftsberichterstattung
In Großbritannien wurden vor allem neue Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Journals und wissenschaftliche Konferenzen zum Anlass genommen, über Wissenschaft zu berichten. Dort dienten in knapp 80 Prozent der Beiträge Ereignisse mit direktem Bezug zur Wissenschaft als Aufhänger. In Dänemark hatten nur 47 Prozent der Beiträge ein wissenschaftliches Ereignis als Aufhänger. Hier wurden in mehr als der Hälfte aller Beiträge auch Ereignisse außerhalb der Wissenschaft, wie zum Beispiel politische Ereignisse, zum Anlass genommen, der Berichterstattung einen wissenschaftlichen Dreh zu geben.
So kamen in Beiträgen über den neuen chinesischen Präsidenten Xi Jinping und die Gaza-Krise auch Sozialwissenschaftler zu Wort. In Großbritannien hatten weniger als ein Fünftel aller Beiträge, die zur Wissenschaftsberichterstattung gezählt wurden, einen nicht-wissenschaftlichen Aufhänger.
Internationale vs. Nachrichten aus dem Inland
Die dänische Presse räumte zudem Ereignissen aus dem Inland mehr Priorität ein. 67 Prozent aller Berichte über Wissenschaft hatten in Dänemark ein nationales Ereignis als Aufhänger. Die britischen Medien konzentrierten sich eher auf internationale Nachrichten; nur 44 Prozent der Beiträge wurden durch ein inländisches Ereignis ausgelöst. Dieser Umstand sei sicherlich darauf zurückzuführen, dass für die dänischen Journalisten Englisch keine Muttersprache sei, so die Studienautoren. Auch die Interviewpartner stammten größtenteils aus Dänemark (85 Prozent). In den britischen Medien kamen mehr internationale Interviewpartner zu Wort; etwas mehr als die Hälfte stammten nicht aus Großbritannien.
Dennoch konnten die Wissenschaftler auch einige Gemeinsamkeiten in der Wissenschaftsberichterstattung beider Länder ausmachen. Sowohl in Großbritannien als auch in Dänemark machte die Berichterstattung über Wissenschaft in der Untersuchungswoche nur etwa vier Prozent des gesamten Print- und Online-Nachrichtenflusses aus. In Dänemark erschienen in den untersuchten Medien 167, in England 355 Artikel zum Thema Wissenschaft.
Besonders überrascht hat Gunver Lystbaek Vestergaard und Kristian Hvidtfelt Nielsen, dass in beiden Ländern die Boulevardmedien mehr über Wissenschaft berichteten als die Qualitätsmedien. In Dänemark publizierte BT.dk mit fünf Prozent den größten Anteil an Wissenschaftsberichterstattung, in England The Daily Mail mit 4,8 Prozent.
Lystbaek Vestergaard, G.; Hvidtfelt Nielsen, K. (2016). Science news in a closed and an open media market: A comparative analysis of print and online science news in Denmark and the United Kingdom. European Journal of Communication, 31 (6), 661-676.
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