Fotojournalismus: Unverzichtbar für die Medienfreiheit im Jemen

29. April 2023 • Aktuelle Beiträge, Internationales • von

Die Arbeit von Fotojournalist:innen ist heute besonders gefährdet. Das Fotografieren im öffentlichen Raum und das fotografischer Berichten über Ereignisse kann ernste Konsequenzen haben. Fotojournalist:innen weltweit werden der Spionage angeklagt, verhaftet oder gar erschossen. Gerade wenn Fotograf:innen aus Kriegsgebieten berichten, sind sie besonders großen Risiken ausgesetzt. 

Im Jemen hat das jemenitische Syndikat für Journalist:innen im Jahre 2022 zahlreiche Übergriffe festgehalten: 92 Fälle von Übergriffen gegen Medienunternehmen, Journalisten, Fotografen und deren Eigentum wurden vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2022 beobachtet. Die Verstöße verteilten sich folgendermaßen:

  • 17 Fälle von Angriffen auf Journalist:innen und Medieneinrichtungen
  • 15 Fälle von Gerichtsverfahren gegen Journalist:innen
  • 14 Fälle von Freiheitsentzug gegen Journalisten und Fotografen
  • 12 Fälle von Drohungen und Aufwiegelung gegen Journalisten
  • 13 Fälle von Folter und Verweigerung des Rechts auf medizinische Behandlung für inhaftierte Journalist:innen
  • 9 Fälle der Einstellung von Sendungen
  • 3 Fälle der Beschlagnahmung des Eigentums von Medienschaffenden
  • 3 Fälle der Kürzung von Gehältern von Medienmitarbeiter:innen
  • zwei Fälle von Mord
  • ein Fall der Herausgabe eines Berufskodex, der die Freiheiten einschränkt.

Da es ihnen an Sicherheitsinstrumenten fehlt, die sie bei der Berichterstattung an der Front vor vielen Risiken schützen, waren viele Journalist:innen diesen zahlreichen Übergriffen ungeschützt ausgesetzt.

Das Fotografieren im öffentlichen Raum ist im Jemen zu einer Gefahr für Fotograf:innen geworden. Schnell werden ihre Arbeiten der Spionage bezichtigt, denn Bildmaterial kann unter anderem zur Identifizierung militärischer Ziele missbraucht werden. Ihre Arbeit kann eine Inhaftierung nach sich ziehen, denn die Konfliktparteien fürchten sich vor jeder fotografischen Tätigkeit in einem Land, in dem die Freiheiten aufgrund des Krieges in noch nie dagewesener Weise eingeschränkt wurden. Während des Krieges wurden zahlreiche neue Einschränkungen eingeführt, die die Ausübung des Fotojournalismus und das Erlangen von Lizenzen für jegliche journalistische Arbeit sehr schwierig machten. Die Fotograf:innen im Jemen leiden unter den Restriktionen in einem Land, das als eines der Länder mit dem niedrigsten Index für Medienfreiheit in der Welt eingestuft wird. Nach der Rangliste von Reporter ohne Grenzen rangiert der Jemen im Weltindex für Pressefreiheit für das Jahr 2022 auf Platz 169 von 180 Ländern.

Reporter ohne Grenzen beschrieben die Situation der Medien im Jemen folgendermaßen: „Journalist*innen sind im Jemen Drohungen und Gefahren von allen Konfliktparteien ausgesetzt. Die de-facto-Teilung des Landes verschärft die mediale Polarisierung zusehends. Die Huthis, die seit 2014 die Hauptstadt Sanaa und weite Teile des Landes kontrollieren, betrachten Medien als Feinde und sind für Entführungen, Folter und Misshandlungen vieler Medienschaffender verantwortlich. Zugleich werden immer wieder Journalist*innen durch die Luftangriffe der von Saudi-Arabien angeführten, auf Seite der Regierung kämpfenden Militärkoalition getötet. Willkürliche Festnahmen oder Entführung drohen ihnen auch von Pro-Regierungs-Milizen oder von Al-Kaida-Dschihadisten. Unabhängige Berichte über das Kriegsgeschehen gibt es kaum, da die meisten Medien von einer der Konfliktparteien kontrolliert werden. Internationale Medien kommen kaum ins Land. Auch Bürgerjournalist*innen werden überwacht und können schon für einen Post in den Sozialen Medien verfolgt werden.“ https://www.reporter-ohne-grenzen.de/jemen Das Land liegt derzeit auf Rang 169 von 180.

Viele Fotograf:innen im Jemen werden von einer der Konfliktparteien oder von unbekannten Personen bedroht. Aus Angst vor diesen Drrohungen geben viele Fotograf:innen ihren Beruf auf und suchen fernab der Fotografie Arbeit, um den Lebensunterhalt für ihre Familien sichern zu können. Auch ich habe meine eigene Geschichte. Anfang 2019 arbeitete ich im Gouvernement Al-Mahra als Fotojournalist und berichtete über Demonstrationen und Mahnwachen in der Region. Eines nachts, drang eine Gruppe bewaffneter Männer in die Wohnung ein, in der ich wohnte, und brachte mich an einen unbekannten Ort. Die Männer der Gruppe nennt man auch die Militärpolizei, sie sind regierungsnahe Kräfte, die von Saudi-Arabien unterstützt werden. Nach 47 Tagen der Folter und des Verschwindenlassens ließen sie mich frei und drohten damit, mich zu töten, wenn ich den Beruf des Journalisten wieder ausüben würde. Dies geschah nur 15 Tage nach der Entführung meines Bruders, ebenfalls Journalist, Yahya Al-Sewari, am 3. Juli 2019. Aus Angst um mein Leben musste ich meinen Beruf aufgeben und das Land verlassen.

Frauen, die an einer Versammlung teilnehmen, um die Freilassung des jemenitischen Journalisten Yahya Al-Sewari zu fordern // Quelle: Badr Al-Sewari

Letztendlich muss die internationale Gemeinschaft den Fotojournalismus im Jemen und in anderen von bewaffneten Konflikten betroffene Länder unterstützen. Viele Fotograf:innen im Jemen leiden unter großen finanziellen Schwierigkeiten und es fehlen ihnen die nötige Ausrüstung und Ressourcen, um professionelle und hochwertige Medienarbeit zu leisten. Vor allem unabhängige Fotograf:innen haben große Schwierigkeiten, finanzielle Mittel und Unterstützung von offiziellen oder privaten Stellen zu erhalten. Dies ist umso wichtiger in einer Zeit, in der Bilder eine immer wichtigere Rolle spielen, durch die sozialen Medien. Denn, ein Bild kann mehr als tausend Worte sagen. Fotojournalismus ist mehr denn je ein wesentlicher Bestandteil der Medienfreiheiut und die Unterstützung von unabhängigen Fotojournalist:innen unabdingbar für die Förderung der Presse- und Meinungsfreiheit.

 

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