Bereits seit dem Beginn der COVID-19-Pandemie galt die strategische Kommunikation der tschechischen Regierung als problematisch. Eine umfassende Analyse der Regierungskommunikation während der ersten beiden Aushamezustände zeigt spezifische Mängel auf, und die Ergebnisse führen zu einer Liste von Empfehlungen für mögliche künftige Krisen. Die Untersuchung umfasste auch eine Medienanalyse, in der die Rolle der Medien beschrieben wurde.
Lehren aus der Pandemie
Während der COVID-19-Pandemie gab es weit verbreitete Kritik an der mangelnden Bereitschaft – oder Fähigkeit – des Staates, strategisch mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Die Regierung als Ganzes und das Gesundheitsministerium wurden überwiegend negativ beurteilt. Um die Kommunikation in künftigen Krisen zu verbessern, wurde das Projekt State‘s Strategic Crisis Communication Readiness: Lessons Learned from COVID-19 ins Leben gerufen, das eine umfassende Untersuchung der staatlichen Kommunikation umfasste. Dieser Artikel beschäftigt sich nur mit dem Teil der Studie, in dem es um den Zusammenhang zwischen staatlicher Kommunikation und medialer Kommunikation ging.
Untersucht wurden Ausgaben der tschechischen Fernsehsendung Události, des Nachrichtenportals Seznam Zprávy und der Boulevardzeitung Blesk. Diese Auswahl kombiniert ein öffentlich-rechtliches Medienunternehmen mit großem Einfluss und hohem Ansehen, ein Online-Medienunternehmen, das hohes Vertrauen genießt und eine große Leserschaft hat, und ein Printmedienunternehmen, ebenfalls mit erheblicher Leserschaft, das aber eine andere Zielgruppe anspricht. Dadurch wurde sichergestellt, dass die Stichprobe repräsentativ ist.
„Von den Sendungen des tschechischen Fernsehens wurde die Sendung Události “in die Analyse einbezogen, da sie die wichtigste öffentliche Nachrichtensendung ist und die Nachrichtenagenda bestimmt. Sie war der wichtigste Repräsentant für unsere Untersuchung, da wir wussten, dass wir nur eine begrenzte Kapazität an Inhalten verarbeiten konnten. Die beiden anderen Medien repräsentieren dann eine andere Art von Konsum und Publikum; allen gemeinsam ist jedoch eine hohe Zuschauer- oder Leserschaft“, erklärt Dr. Tereza Klabíková Rábová, eine der Forscherinnen.
Gesteigertes Interesse an Informationen
Eine der ersten Erkenntnisse der Untersuchung war, dass das gesamtgesellschaftliche Thema der Covid-19-Pandemie das allgemeine Interesse an den Medien steigerte und sogar Bürger zu Medienkonsumenten machte, die normalerweise keine Nachrichten konsumieren. Das Interesse der Medien an staatlichen Informationen korrespondierte mit dem Interesse der breiten Öffentlichkeit. Dieses Informationsbedürfnis war in allen Arten von Medien ausgeprägt.
So verzeichnete die Tschechische Presseagentur einen Anstieg der Leserschaft ihrer Website České Noviny um 400 % im Vergleich zum Vorjahr. Das Interesse an den Fernsehnachrichten, insbesondere am tschechischen Fernsehen, das Informationen direkt von der Regierung übermittelte, nahm deutlich zu. Das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen war so groß, dass die Medien damit nicht Schritt halten konnten. Die Bürger wandten sich auch direkt an die verschiedenen Organisationseinheiten des Staates.
Die Entwicklung der Pandemie in den Medien
In den ersten Tagen der Pandemie tendierten das tschechische Fernsehen und andere Medien eher dazu, die Informationen der Behörden im „Rohformat“ weiterzugeben. Im Laufe der Zeit verließen sich die Medien jedoch nicht mehr ausschließlich auf offizielle Regierungsquellen, sondern begannen, eigene Themen, Expertenanalysen und einen kritischeren Ansatz zu den vorgeschlagenen Maßnahmen anzubieten.
Im Fall der Tageszeitung Blesk wurden relativ schnell nach Ausbruch der Pandemie „tiefgehende menschliche Geschichten“ und Meinungen von Prominenten veröffentlicht. Zunehmend erschienen in den Medien Nachrichten über die betroffenen Gebiete, Geschichten über bestimmte Personen und eher nebensächliche Themen. Später wurden im Rahmen der Medienlogik auch die Skandale von Regierungsbeamten veröffentlicht.
Während des zweiten Ausnahmezustands im Herbst 2020 wurde das Medienumfeld bereits stärker von anderen Themen beeinflusst, die nicht direkt mit der Pandemie zusammenhingen. Umso schwieriger war es für die Regierungssprecher, die Öffentlichkeit mittels der Medien über die aktuellen Regelungen und die Situation zu informieren.
„Bei der inhaltlichen Analyse fiel auf, dass in den Medien regelmäßig Skandale von Regierungsvertretern präsentiert wurden; sie wurden tatsächlich zu einem weiteren separaten Thema, das in einer Krisensituation nicht wirklich hilfreich für die Kommunikation war. Weitere Informationen von Regierungssprechern verloren in diesem Zusammenhang an Bedeutung“, so Klabíková Rábová.
Unzulänglichkeiten in der staatlichen Kommunikation mit den Medien
Während der Pandemie wurden viele Maßnahmen zur Bewältigung der Krise ergriffen, aber die Bedeutung der Kommunikation mit der Öffentlichkeit wurde unterschätzt. Dies führte leider dazu, dass selbst optimierte Lösungen für einzelne Probleme nicht erfolgreich waren, weil die Bürger sie nicht nachvollziehen konnten.
Eines der Probleme war die Art und Weise, wie Maßnahmen ergriffen wurden. Oft fehlte die Zeit, um die Kommunikation von Entscheidungen vorzubereiten. Obwohl die grundlegenden Thesen vorbereitet waren, wurden oft noch während der Regierungssitzungen Änderungen an den Maßnahmenentwürfen vorgenommen, die fast unmittelbar nach ihrer Verabschiedung auf Pressekonferenzen kommuniziert wurden.
Ein weiteres Beispiel für Unzulänglichkeiten ist die Tatsache, dass viele Regierungsbeamte zwar Raum in den Medien suchten, aber ihre Botschaften nicht parat hatten und es nicht schafften, Informationen über die neuen Maßnahmen effektiv zu vermitteln. Die Medien spielten daher die Rolle von kritischen Übersetzern dieser Reden.
Die Situation in den Medien
Auch die Medien selbst waren nicht zu 100 % darauf vorbereitet, über eine Krisensituation von der Größenordnung der Pandemie zu berichten. Das Fehlen von Aktionsplänen während der Krise sowie Arbeit aus dem Home-Office und Quarantäne führten dazu, dass die Medien nicht ihr Bestes geben konnten. Dennoch waren sie daran interessiert, eine wirksame Kommunikation aufzubauen, und boten dem Staat von Beginn der Pandemie an Raum. Doch der Staat nutzte diesen Raum nicht ausreichend und effektiv.
So wurde die kooperative Stimmung unter den Journalisten allmählich durch eine konfrontative Haltung im Sinne einer Wiederaneignung der Rolle des Kontrolleurs der Staatsmacht ersetzt. Aus den Interviews mit Medienvertretern gingen drei Hauptgründe für diesen Wandel hervor.
Konkret ging es erstens um die wahrgenommene Politisierung der Kommunikation, bei der sich der politische Wettbewerb in den Kommuniqués der einzelnen Regierungsvertreter zum Nachteil der Lösung der Krise selbst widerspiegelte. Außerdem die Wahrnehmung der Situation als unbeherrschbar und die Notwendigkeit, das Handeln der Regierung zu kritisieren und sie zu besseren Lösungen zu führen. Nicht zuletzt lag es drittens auch an der Wahrnehmung der Medien, dass die Regierung selbst ihnen gegenüber in einer konfrontativen Position war.
Verwirrung und Vertrauensverlust
Zu Beginn der Pandemie war die Kommunikation der Regierung einheitlich und nicht konfrontativ. Nach den ersten zwei Wochen jedoch begann die Kommunikation der einzelnen Ministerien, ihrer Vertreter und anderer Institutionen zu verwässern. Einige Botschaften überschnitten sich, wiederholten sich oder widersprachen sich sogar gegenseitig.
Die Medien wurden so in die Lage versetzt, Informationen zu selektieren, die Regierungskommunikation von der politischen Konkurrenz zu trennen und gleichzeitig Informationen sachlich korrekt und verständlich darzustellen. Nicht nur das Zusammenspiel dieser Einflüsse führte dazu, dass die staatliche Kommunikation während der Pandemie nicht nach einer strategischen Planung funktionierte. Es kam zu einer allmählichen Verwirrung der Bürger und zu einem Rückgang des Vertrauens in das staatliche Handeln.
Über die Forschung
Die in diesem Artikel vorgestellten Informationen sind nur ein Teil der Forschungsergebnisse, die darauf abzielen, auf der Grundlage der Erfahrungen mit der COVID-19-Pandemie eine Reihe von Empfehlungen für die strategische Kommunikation in potenziellen künftigen Krisen zu geben. Die Forschung für das Innenministerium der Tschechischen Republik wurde von Wissenschaftler:innen der Fakultät für Sozialwissenschaften der Karlsuniversität durchgeführt, darunter u. a. Dr. Jan Ludvík vom IPS und Dr. Tereza Ježková, Tereza Klabíková Rábová und Soňa Schneiderová vom IKSŽ, in Zusammenarbeit mit der Kommunikationsagentur AMI Communications.
Dieser Beitrag wurde zuerst auf der tschechischen EJO-Website veröffentlicht. Übersetzt von Johanna Mack und Marcus Kreutler mithilfe von DeepL.
Schlagwörter:Covid-19, Krisenkommunikation, Pandemie, Tschechien