Eine Studie an der Uni Wien ergibt: Politische Nachrichten in der Timeline werden genauer gelesen, wenn dort auch lustige Videos auftauchen.
Die sozialen Netzwerkmedien wie Facebook, Instagram und Co. werden für viele, vor allem jüngere Nutzer, als tägliche Informationsquelle immer wichtiger. Dabei suchen und sortieren Algorithmen auf der Grundlage expliziter Vorlieben (Likes, Freundschaften, Abonnements) und Nutzungsgewohnheiten diejenigen Beiträge, die schließlich in der individuellen Chronik („Timeline“) erscheinen. Bei den meisten Nutzern entsteht so eine Abfolge aus privaten Neuigkeiten, Medieninhalten und unterhaltenden Beiträgen in Form von Videoschnipseln, Cartoons, Aphorismen und eben auch den vielzitierten lustigen Katzenvideos.
Neben der nach wie vor überwiegend unterhaltungsorientierten Nutzung gewinnen so die sozialen Medien auch als politische Informationsquelle an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund haben die Kommunikationswissenschaftler Raffael Heiss und Jörg Matthes an der Universität Wien untersucht, welche Effekte humorvolle Beiträge in der Chronik auf die Nutzung und Erinnerung der von ihnen eingerahmten politischen Nachrichten haben.
In Experimenten konfrontierten sie eine Gruppe von Studierenden mit manipulierten Facebook-Chroniken, in denen politische Nachrichten (zur europäischen Flüchtlingsdebatte) zwischen humorvolle Kurzvideos und andere, zufällig ausgewählte Beiträge eingestreut wurden. Die Kontrollgruppe sah die gleichen Nachrichten, jedoch im Kontext sachlich-neutraler Unterhaltungsbeiträge. Für diese – nicht repräsentativen, aber zufällig auf die Gruppen verteilten – Studierenden konnten die Forscher nachweisen, dass die Nachrichten in der Chronik mit den lustigen Videos genauer gelesen wurden, das politische Wissen erweiterten und den Wunsch stärkten, politisch aktiv zu werden. Bei der Überprüfung der Ergebnisse in repräsentativen Befragungen zeigten sich vergleichbare, wenn auch weniger eindeutige Effekte.
Die Schlussfolgerung, dass lustige Katzenvideos im Internet die politische Kommunikation stärken, geht vielleicht ein bisschen zu weit – Überraschungseffekte bei Nutzern, die in erster Linie auf der Unterhaltungswelle im Netz surfen, sind aber klar erkennbar und machen Hoffnung.
Raffael Heiss und Jörg Matthes (2019): Funny Cats and Politics: Do Humorous Context Posts Impede or Foster the Elaboration of News Posts on Social Media? In: Communication Research 46 (Online first). https://doi.org/10.1177%2F0093650219826006
Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 4. August 2019
Bildquelle: Facebook Screenshot
Schlagwörter:Facebook, Katzenvideos, Politische Kommunikation, Social Media, Soziale Medien, Unterhaltung