Nachrichten über falsche Nachrichten haben sich spätestens seit Trumps Triumph zu einem eigenen Mediengenre entwickelt und das Gerede vom „postfaktischen Zeitalter“ ebenso befeuert wie den voreiligen Ruf nach neuen Gesetzen. Schuld an der amerikanischen Wahlmisere, am Brexit und am Aufstieg deutscher Rechtspopulisten sind angeblich die Fakenews der vermeintlich „sozialen“ Medien.
Weil in den USA und zunehmend auch bei uns vor allem die jüngeren Menschen ihre Nachrichten nur noch aus den sozialen Netzwerken beziehen, so die These, spiele ihr Wahrheitsgehalt keine Rolle mehr. Hinzu kämen die Glaubwürdigkeitskrise des Journalismus und die Auflagenkrise der Qualitätspresse. Kurzum: an die Stelle der publizistischen Medien treten die algorithmen- und affektgesteuerten Netzmedien.
Ob das wirklich stimmt, haben die Landesmedienanstalten nun empirisch untersuchen lassen. Richtig ist: Über die Hälfte der Onliner greift täglich auf soziale Netzwerke und Suchmaschinen zurück, um sich über das Weltgeschehen zu informieren – Google (53%) und Facebook (24%) liegen dabei klar vorne. Genauso richtig ist aber: Fernsehen und Radio sind immer noch die meistgenutzten Quellen. Die Medienforscher des Hans-Bredow-Instituts haben zudem herausgefunden, dass journalistische Medien und das persönliche Gespräch bei der eigenen Meinungsbildung weiterhin im Mittelpunkt stehen. Das Wissen der Nutzer über die Funktionsweise von Google und Facebook begründet ihre durchaus skeptische Einschätzung dieser Quellen. Das dürfte sich so bald auch nicht ändern, wie eine Studie zur Glaubwürdigkeit zeigt: Bei widersprüchlichen Nachrichten würden über 40 Prozent der 14- bis 19-Jährigen den Tageszeitungen, rund ein Viertel dem Fernsehen, aber nur 15% den Onlinemedien glauben – seit über 10 Jahren hat sich daran praktisch nichts geändert.
Die Landesmedienanstalten kommen zu einer nüchternen Einschätzung: Für die Meinungsbildung haben die publizistischen Medien zwar an Bedeutung verloren, aber sie besitzen mit knapp 80 Prozent noch immer das größte Gewicht. Die Namen der Top-Konzerne der Medien- und Meinungsindustrie lauten denn auch: ARD, Bertelsmann und Springer – und nicht Google, Facebook und Twitter.
Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 1. Januar 2017
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