Studie zeigt: Nutzung vornehmlich nicht-journalistischer Quellen führt zu einem eingeschränkten Themenrepertoire.
Die Zahl der Informationsquellen hat sich für jeden von uns vervielfacht. Neben die klassischen Massenmedien Presse und Rundfunk ist in der Onlinewelt eine Vielzahl von Kommunikatoren in den sozialen Netzwerken getreten, die uns mit Neuigkeiten, Erzählungen und Meinungen aus nicht-journalistischer, das heißt privater und gegebenenfalls interessengeleiteter Perspektive versorgen.
Auf den ersten Blick sollte man annehmen, dass diese Vervielfachung der journalistischen und nicht-journalistischen Stimmen zu einer Ausweitung der Themen- und Problemwahrnehmung der Nutzer führt. Auf der gesellschaftlichen Ebene bedeutet das mehr Meinungsvielfalt und einen breiteren öffentlichen Diskurs. Die pessimistische Gegenhypothese besagt, dass die Quellenexplosion zu einer verstärkten selektiven Nutzung und Wahrnehmung übereinstimmender, die eigene Sichtweise bestätigender Inhalte und Meinungen führt. Gemeinsame, von allen als relevant wahrgenommene Themen kommen dann insgesamt seltener vor. Publikumsfragmentierung, Filterblasen und Echokammern sind moderne Beschreibungen einer solchen Verschlechterung der gesellschaftlichen Kommunikation.
In einer Tagebuchstudie mit 645 Teilnehmern im Alter zwischen 18 und 50 Jahren haben Pablo Porten Cheé (Weizenbaum-Institut, Berlin) und Christiane Eilders (Universität Düsseldorf) untersucht, ob eine stärkere Nutzung nicht-journalistischer Informationsquellen zu mehr oder weniger Selektivität der Nutzer führt. Ihre Ergebnisse stützen eher die pessimistische Sicht auf die Folgen der Angebotsvervielfachung durch nicht-journalistische Inhalte im Internet. Befragte mit vielen nicht-journalistischen Informationsquellen zeigten eine größere Selektivität. Sie hatten in der Folge eher ein eingeschränktes und unausgewogenes Themenrepertoire. Für die Autoren ist das ein klares Indiz für eine Störung der öffentlichen Kommunikation und des gesellschaftlichen Diskurses.
Das vollständigste und ausgewogenste Themenrepertoire hatten übrigens Probanden mit hoher Nutzung journalistischer wie nicht-journalistischer Quellen. Wer den Überblick behalten will, muss also den Tellerrand an beiden Seiten im Auge behalten.
Porten-Cheé, Pablo / Eilders, Christiane (2018): Fragmentation in high-choice media environments from a micro-perspective: Effects of selective exposure on issue diversity in individual repertoires. In: Communications, The European Journal of Communication Research (Ahead of Print)
Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 18. November 2018
Bildquelle: pixabay.de
Schlagwörter:Echokammern, Filterblasen, nicht-journalistische Quellen, Pablo Porten Cheé, Social Media, Soziale Medien, Universität Düsseldorf