Für mehr Pressefreiheit in Tschechien

4. März 2019 • Internationales, Pressefreiheit • von

Das International Press Institute (IPI) hat in Tschechien eine Zweigstelle eingerichtet, um vor Ort die Bedrohung der Pressefreiheit zu bekämpfen und unabhängigen Qualitätsjournalismus zu fördern.

Die Gründung eines tschechischen Ablegers des Pressefreiheits-Watchdogs kommt gerade zur rechten Zeit: der kürzlich vom Europarat herausgegebene Bericht „Democray at Risk“, der vom IPI mitverfasst wurde, kommt zu dem Schluss, dass die Pressefreiheit in Europa heute so bedroht ist wie nie zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges.

Tschechien schneidet im Bericht in punkto Medienfreiheit nicht so schlecht ab wie Ungarn, Italien und die Türkei – aber auch in Tschechien hat sich die Situation in den vergangenen Jahren stetig verschlechtert. Auch in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist Tschechien von einem recht respektablen 13. Platz im Jahr 2015 auf den 34. Platz im Jahr 2018 gesunken.

Förderung unabhängiger Medien

Das IPI mit Hauptsitz in Wien wurde 1950 mit dem Ziel gegründet, bedrohte Journalisten zu schützen und es dem Journalismus zu ermöglichen, seine Funktion als Watchdog ohne Einmischung von Interessengruppen zu erfüllen. Nach dem Fall der kommunistischen Regime Mittel- und Osteuropas im Jahr 1989 spielte die Organisation eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Entwicklung einer pluralistischen Medienlandschaft in der Region. Im Zuge der „Samtenen Revolution“ der Tschechoslowakei half das IPI beim Aufbau unabhängiger Medien im Land und auch mehrere führende tschechische Journalisten wurden Mitglied der Organisation.

Einer davon war Michal Klíma, der während der kommunistischen Ära im Selbstverlag publizierte, um die Zensur zu umgehen, und 1989, unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, die liberale Tageszeitung Lidové noviny mitbegründete.

In den 90er Jahren investierten internationale Verlagskonzerne stark in die tschechischen Medien, aber zwei Jahrzehnte später zogen sich diese Investoren vom Markt zurück. An ihre Stelle traten wohlhabende tschechische Geschäftsleute, die erkannten, dass eine aktive Rolle in der Politik es ihnen ermöglichen würde, ihre Geschäftsinteressen zu schützen – und dass der Besitz eigener Medien eine nützliche Ergänzung zu diesem Plan sein könnte.

Bedrohung der redaktionellen Unabhängigkeit

2013 übernahm Andrej Babiš – der zweitreichste Mann Tschechiens – die beiden führenden tschechischen Tageszeitungen Lidové noviny und Mladá fronta Dnes. Babiš hatte kurz zuvor seine eigene politische Bewegung gegründet und sein Kauf von zwei großen Medienhäusern ließ den Verdacht aufkommen, dass er sie für seine politischen Ambitionen nutzen wollte.

Viele führende tschechische Journalisten sahen die redaktionelle Unabhängigkeit bedroht und kündigten aus Protest. Babiš ließ sich nicht beirren; er wurde 2014 Finanzminister und 2017 Premierminister, musste aber aufgrund eines neues Gesetzes gegen Interessenkonflikte sein Milliardenvermögen in einen Treuhandfonds geben.

Um der zunehmenden Konsolidierung der Medien von Seiten weniger Medienoligarchen etwas entgegenzusetzen, starteten 2014 tschechische Journalisten, darunter viele Ehemalige von Lidové noviny und Mladá fronta Dnes, mehrere unabhängige Online-Portale wie Echo24, Reportér und die investigative Nachrichten-Website HlídacíPes („Watchdog“).

2016 wurde eine Stiftung für unabhängigen Journalismus (NFNZ) gegründet, um Qualitätsjournalismus zu fördern und den negativen Folgen der Medienkonzentration in Tschechien entgegenzuwirken.

Gegen die Manipulation von Medien

2018 wurde Michal Klíma Vorstandsmitglied des NFNZ. Vor einigen Wochen wurde er auch zum ersten Vorsitzenden der neu gegründeten tschechischen IPI-Zweigstelle gewählt. Weitere Mitglieder sind Robert Čásenský, Gründer und Chefredakteur von Reportér, Robert Břešťan, Chefredakteur von HlídacíPes, und Veronika Sedláčková, Moderatorin beim Tschechischen Radio. Das NFNZ ist ein körperschaftliches Mitglied.

Barbara Trionfi, Geschäftsführerin des IPI, begrüßte die Gründung der neuen Sektion und sagte, dass sie „zu einem kritischen Zeitpunkt für die Pressefreiheit und den unabhängigen Journalismus in Tschechien und in Mitteleuropa im Allgemeinen kommt, da politische und wirtschaftliche Interessen zunehmend versuchen, die Medien zum Schweigen zu bringen, zu kontrollieren oder zu manipulieren”.

Vorstandsmitglied Sedláčková stellte auch fest, dass der unabhängige Qualitätsjournalismus eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von Desinformationen spiele, einschließlich irreführender Botschaften aus anderen Ländern. Dies sei besonders wichtig angesichts der starken Propaganda, die aus Russland komme.

Dieser Beitrag wurde zuerst auf der englischen EJO-Seite veröffentlicht. 

Übersetzung aus dem Englischen von Tina Bettels-Schwabbauer

Bildquelle: IPI

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