Die britischen Medien konzentrieren sich auf die Inkonsequenz der britischen Regierung.
Eines der Hauptprobleme, das die britischen Medien momentan aufwerfen, ist die Herangehensweise der Regierung an die Coronavirus-Pandemie im Vergleich zu anderen Ländern. Über die Angemessenheit dieser abweichenden Reaktion gibt es eine umfassende öffentliche Debatte.
Die britische Regierung ist in ihrem Umgang mit der Covid-19 Pandemie inkonsequent. Premierminister Boris Johnson hat einerseits verlauten lassen, dass es nicht notwendig sei, Schulen und Universitäten sowie Geschäfte, Kneipen und Cafés zu schließen – andererseits forderte er die Bevölkerung auf, diese Orte nicht zu besuchen (wie gestern Abend bekannt wurde, werden in Großbritannien nun doch Schulen geschlossen; Anm. d. Red.). Die Regierung hat zunächst dazu geraten, zuhause zu bleiben, wenn man sich krank fühlt – andernfalls solle man sein Leben jedoch normal weiterführen. Als nächstes wurde der Bevölkerung dazu geraten, Kontakt zu anderen Personen zu vermeiden und, wenn möglich, von zuhause aus zu arbeiten.
Die erste Strategie schien die Bevölkerung zu ermutigen, sich mit dem Virus zu infizieren, um eine „Herdenimmunität“ in der Gesellschaft zu entwickeln – so wie es auch bei Impfungen der Fall ist. Dieser Ansatz wurde dann jedoch von der Regierung wieder zurückgenommen. Auch die Art und Weise, wie und wer auf den Coronavirus getestet wird, hat die britische Regierung mehrere Male geändert. Nachdem die WHO ausdrücklich dazu riet, alle vermuteten Fälle zu testen, wurde die Anzahl der Tests wieder erhöht. Es ist jedoch nicht klar, ob momentan eine ausreichende Menge an Tests durchgeführt werden.
Für ihren Umgang mit Journalisten während der Krise wurde die britische Regierung besonders heftig kritisiert. Sie entschied, nur an ausgewählte Journalisten Informationen in Form von Briefings herauszugeben, anstatt diese offen und transparent in öffentlichen Pressekonferenzen mitzuteilen. Mittlerweile werden jedoch auch tägliche Pressekonferenzen gehalten.
Die Presse hat infolgedessen in ihrer Berichterstattung Bedenken bezüglich der Strategie, Transparenz und Beständigkeit sowie der Kompetenz auf Seiten der Behörden aufkommen lassen. Durch die ständige Weiterentwicklung der Krise ändert sich der Fokus Tag für Tag – manchmal sogar Stunde für Stunde.
Ein Leitartikel des Guardian, der am 15. März veröffentlicht wurde, hat auf die verworrenen Überlegungen der Regierung („muddled thinking at the heart of government“) hingewiesen.
Die Medien des Vereinigten Königreichs berichten auch über den Umgang mit der Situation in anderen Ländern und vergleichen diese mit den Herangehensweisen ihrer Regierung. Die britischen Journalisten richten ihre Aufmerksamkeit damit weniger auf die Situation im Inland – so wie es sonst eventuell der Fall gewesen wäre.
Die Dimension und Komplexität dieser Krise – die jeden Bereich des täglichen Lebens beeinflusst – stellt Journalisten vor erhebliche Herausforderungen. Elisabeth Ribbans, Journalistin beim Guardian, hat einige dieser Herausforderungen beschrieben und erklärt, wie das Blatt damit umgeht.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist es, den richtigen Ton zu treffen und eine ausgewogene Berichterstattung zu gewährleisten. Auf der einen Seite muss der Ernst der Lage kommuniziert werden, während auf der anderen Seite Sensationalismus vermieden werden sollte. Journalisten haben die Pflicht, genau zu berichten und das Ausmaß der Krise für sich selbst sprechen zu lassen.
So merkt Madeline Palacz, Journalistin bei der Zeitung The Independent, an: „Die Berichterstattung über die Covid-19-Pandemie ist von einem inhärenten Konflikt geprägt: auf der einen Seite besteht die Notwendigkeit, über neue Entwicklungen wahrheitsgemäß zu berichten, auf der anderen Seite gibt es die ethische Verpflichtung, sicherzustellen, dass eine solche Berichterstattung nicht unnötig Angst in der Öffentlichkeit schürt. Das ist nicht immer ein einfach zu lösender Konflikt.“
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