Rechtsextrem gegen Qualität

16. April 2018 • Qualität & Ethik • von

Eine Studie aus Österreich zeigt, dass rechtsextrem orientierte Mediennutzer Nachrichten häufiger in sozialen Medien konsumieren und Qualitätsmedien mehr misstrauen als andere.

Eine Ausdifferenzierung des Parteiensystems führt häufig auch zu Veränderungen in den Medien. Insbesondere wenn diese Erweiterung an den Rändern stattfindet, fühlen sich neue, darunter auch extreme und extremistische Bewegungen durch die bestehenden Medien nicht ausreichend repräsentiert oder verzerrt dargestellt. Man kann das in (West-) Deutschland rückblickend sowohl für die Zeit Ende der sechziger Jahre als auch für den Beginn der achtziger Jahre konstatieren. Neue Medienangebote und Berichterstattungsformate waren die Folge.

In Deutschland richten sich aktuell Vorwürfe wie Fake News oder Lügenpresse gegen die bestehenden Medien. Rechtspopulistische Bewegungen fordern die Abschaffung oder zumindest mehr Kontrolle der sogenannten „System-Medien“. In der Schweiz und in Österreich sind die Rechtspopulisten schon länger etabliert und inzwischen in beiden Ländern an der Regierung beteiligt – jeweils mit Folgen für Medienanbieter und Mediendiskurse.

Jakob-Moritz Eberl (Universität Wien)  hat jetzt genauer untersucht, ob die Wahrnehmung (und damit der Vorwurf) einer verzerrten Berichterstattung grundsätzlich von einer extremen politischen Position abhängt, und ob – in der aktuellen, politischen Situation – dies vor allem auf die Anhänger rechtspopulistischer Parteien zutrifft.

Die Befragung von mehr als 1200 österreichischen Wahlberechtigten aus dem Jahr 2015 zeigt, dass Mediennutzer mit extrem linker Parteipräferenz die Medienberichterstattung weitaus seltener als verzerrt wahrnehmen als solche mit extrem rechter Parteipräferenz. Mit einer Ausnahme: Boulevardzeitungen. Ihnen unterstellen im Durchschnitt alle Befragten den größten Mangel an Objektivität. Unter rechtsextremen Parteianhängern in Österreich genießen sie jedoch höheres Ansehen als die sogenannten Qualitätsmedien. Außerdem haben diejenigen Nutzer, die den etablierten Medien gegenüber besonders skeptisch sind, eine nachweisbar höhere Präferenz für den Nachrichtenkonsum in den sozialen Medien. Wären diese Befunde auf Deutschland übertragbar, könnten neue, stärker rechtspopulistisch orientierte Medienangebote und Medieninhalte nachfolgen. Die medienpolitischen Aktivitäten der AfD deuten ja darauf bereits hin.

Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 15. April 2018

Bildquelle: pixabay.com 

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