Mobiler Nachrichtenkonsum steigt, aber Deutsche schauen am liebsten fern

15. Juni 2016 • Digitales, Internationales • von

Das Reuters Institute for the Study of Journalism hat seinen fünften Digital News Report veröffentlicht. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie, die in 26 Ländern durchgeführt wurde: Soziale Netzwerke werden für die Verbreitung von Nachrichten immer wichtiger. Der Trend geht in Richtung Smartphone. Und immer mehr Online-Nutzer haben einen Adblocker installiert, der die Werbung auf Websites ausblendet und zu Lasten der Erlöse aus dem Verkauf von Werbeplätzen geht.

Digital News ReportDie Hälfte der ingesamt 53.330 befragten Online-Nutzer (51 Prozent) gab an, regelmäßig soziale Netzwerke als Nachrichtenquelle zu nutzen. Facebook wurde dabei mit Abstand als das wichtigste soziale Netzwerk genannt. Während in Griechenland, Brasilien und der Türkei mehr als 70 Prozent über diesen Weg Nachrichten konsumieren, sind es in Deutschland nur knapp ein Drittel der Befragten (31 Prozent). Für 12 Prozent aller Befragten sind soziale Netzwerke sogar die Hauptquelle für News. Spitzenreiter ist hier auch Griechenland mit 27 Prozent, während es in Deutschland nur sechs Prozent sind.

Soziale Netzwerke tragen zwar dazu bei, dass Medien ihre Reichweite steigern können, doch besteht dabei dem Bericht des Reuters Institute zufolge eine Gefahr: Der Untergang der eigenen Marke. In Deutschland nehmen noch 55 Prozent der Befragten die Quelle der Informationen wahr, welche über Social Media veröffentlicht werden; in den stark vom Wettbewerb bestimmten englischsprachigen Ländern wie dem Vereinigten Königreich, Australien und Irland sind es nur noch etwa ein Drittel. In Ländern wie Südkorea und Japan, wo zudem News-Aggregatoren weit verbreitet sind, nehmen nur noch etwa ein Viertel der Befragten die Original-Quelle wahr.

Die Bereitschaft, für Online-Nachrichten zu bezahlen, bleibt weiterhin gering. In Deutschland sind nur acht Prozent bereit, für Online-Journalismus Geld auszugeben. Nur im Vereinigten Königreich, in Griechenland, Österreich und Tschechien ist die Zahlungsbereitschaft mit sieben Prozent noch geringer. Die Norweger (27 Prozent) sind am häufigsten bereit, für Online-Nachrichten zu zahlen, gefolgt von den Polen und Schweden (jeweils 20 Prozent).

Wie der Digital News Report betont, trägt auch die steigende Nutzung von Werbeblockern dazu bei, dass sich Medienunternehmen um ihre Erlöse sorgen. In Deutschland haben ein Viertel der Befragten einen Adblocker installiert, der die Werbung ausblendet; 39 Prozent von ihnen sind jünger als 35 Jahre. Die meisten Adblocker-Nutzer gibt es in Polen (38 Prozent), die wenigsten in Japan (10 Prozent).

Auch auf Smartphones nimmt die Nutzung von Werbeblockern langsam aber sicher zu. Zwar haben zurzeit nur etwa acht Prozent aller Befragten einen Adblocker auf ihrem Smartphone installiert. In den USA, im Vereinigten Königreich und in Deutschland aber sagt jeder Dritte, er habe vor, im nächsten Jahr einen zu nutzen.

Smartphones werden für den Konsum von Nachrichten immer wichtiger: Mehr als die Hälfte aller Befragten (53 Prozent) halten sich über ihr Mobiltelefon über das Nachrichtengeschehen auf dem Laufenden. Am häufigsten greifen dafür die Schweden (69 Prozent), die Südkoreaner (66 Prozent) und die Schweizer (61 Prozent) zum Smartphone. Computer und Laptops dagegen werden in allen drei Ländern seltener für den Nachrichtenkonsum genutzt. In Deutschland dagegen spielt das Smartphone in diesem Bezug eine untergeordnete Rolle. Hier nutzen es nur 40 Prozent, um Nachrichten zu konsumieren.

Ein überraschendes Ergebnis des Digital News Report ist, dass das Interesse an Videos geringer ist, als bisher angenommen wurde. Nur knapp ein Viertel aller Befragten (24 Prozent) schauen sich Online-Nachrichten-Videos an, in Deutschland noch weniger (17 Prozent). Wie die Befragten sagen, sei das Lesen von Texten schneller und bequemer, zudem störe sie die Werbung, die den Videos vorgeschaltet ist.

Wie der Bericht zeigt, findet in Deutschland digitale Mediennutzung langsamer Eingang in den Alltag als in anderen Ländern. Für die Hälfte der befragten deutschen Internetnutzer ist weiterhin das Fernsehen die Nachrichtenquelle Nummer eins (51 Prozent), für ein Viertel das Internet (26 Prozent). Das Fernsehen ist die insgesamt am weitesten verbreitete Quelle für Nachrichten. 78 Prozent der befragten Deutschen schauen regelmäßig Nachrichten im TV, vor allem in der ARD und im ZDF. 59 Prozent konsumieren Nachrichten online,  Radio folgt mit 46 Prozent und Print mit 38 Prozent. Weltweite Spitzenreiter im Online-Nachrichtenkonsum sind die Tschechen, Griechen, Türken und Brasilianer. In diesen vier Ländern informieren sich jeweils über 90 Prozent der Befragten online.

Die Studie wurde Anfang 2016 zeitgleich in Australien, Belgien, Brasilien , Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Japan, Kanada, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, Spanien, Südkorea, Tschechien, Türkei, Ungarn, den USA und dem Vereinigten Königreich durchgeführt. Pro Land wurden vom Umfrageinstitut YouGov rund 2.000 Personen über 18 Jahren befragt. Das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg ist seit 2013 als Kooperationspartner verantwortlich für die deutsche Teilstudie.

Downloads:

kompletter Digital News Report (auf Englisch)

Ergebnisse für Deutschland (auf Deutsch)

 

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