Während Corona: Print ist großer Verlierer

8. Mai 2020 • Aktuelle Beiträge, Forschung aus 1. Hand, Qualität & Ethik • von

Eine aktuelle Studie der FH Kufstein Tirol zu den Motiven der Mediennutzung von jungen Menschen in der Corona-Zeit zeigt: Streaming wird zur Unterhaltung genutzt, TV für Information und Bücher zur Entspannung. 

Die derzeitige Krisensituation in der Corona-Zeit zeigt eine erhöhte Nutzung von medialen Angeboten. Insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender erreichen neue Einschaltrekorde: Die ARD-Tagesschau wurde im März von bis zu 17 Millionen Menschen live gesehen. In Österreich verzeichnete der ORF in der Gruppe der Zwölf- bis 49-Jährigen ein Plus von 79%. Unklar ist jedoch, warum junge Menschen die unterschiedlichen Medienangebote nutzen. Unser aktuelles Forschungsprojekt an der FH Kufstein Tirol brachte nun erstmalig Ergebnisse zu dieser Frage hervor. In der Studie wurden vor allem zwei Altersgruppen verstärkt in den Blick genommen: Die Millennial-Generation, geboren zwischen 1981 und 1996, sowie die Generation Z mit den Geburtsjahrgängen ab 1997.

Ansteigende Mediennutzung bei allen Angeboten – bis auf Print

Insgesamt offenbart die Studie, dass Streaming-Angebote, lineares Fernsehen, Social Media, Audio-Formate, Websites und Bücher während der Corona-Krise stärker genutzt werden als vorher. Insbesondere Social Media verzeichnet eine intensivere Nutzung: 78,1 Prozent der jungen Befragten gaben an, soziale Medien noch stärker als vor der Krise zu nutzen. Ganz anders sieht es bei Print-Produkten, also gedruckten Zeitungen und Magazinen aus: 59,5 Prozent der befragten jungen Personen gaben an, dass sich Ihr Print-Konsum nicht verändert hat. Es gibt sogar Hinweise, dass gedruckte Zeitungen und Zeitschriften bei jüngeren Medienrezipienten in der Corona-Krise noch mehr an Bedeutung verlieren, da 24 Prozent bestätigten, dass sie Printprodukte weniger in der Ausgangssperre nutzen als vorher.

Die Informationsmedien

Welche Medienkanäle nutzen die Menschen in Krisenzeiten, um sich über die aktuelle Lage zu informieren? Hier gab es eine klare Antwort: Das Informationsmedium Nr. 1 in der Krise ist das lineare, klassische Fernsehen. 75 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr erhöhter TV-Konsum mit der Informationssuche zusammenhängt. Auch Social Media wird für Informationssuche mit 65 Prozent stark genutzt. Hieraus wird natürlich nicht ersichtlich, ob Social-Media-Angebote klassischer Medien, wie Zeitungen, als Informationsquellen genutzt werden. Fest steht jedoch, dass Informationskonsum bei jüngeren Personen in der Corona-Zeit stärker als vorher in sozialen Medien stattfindet.

Die Unterhaltungsmedien

In welchen Medienkanälen finden Menschen in der Krise Unterhaltung? Streaming Dienste wie Netflix, Amazon Video und ähnliche Angebote sind die bevorzugten Entertainment-Medien. 89 Prozent der Befragten gaben an, diese zwecks Unterhaltung zu nutzen. Interessant ist, dass nach Streaming die größte Unterhaltungsrelevanz mit 76 Prozent Büchern zugemessen wird, gefolgt von Social Media mit 70 Prozent und Radio mit 66 Prozent. Unterhaltung im TV? Fehlanzeige. Lediglich 19 Prozent der Befragten nutzen TV wegen der Unterhaltung, 24 Prozent der Befragten gaben an, TV wegen der Entspannung zu konsumieren. Dies ist bemerkenswert, da dem Fernsehen in anderen Untersuchungen, beispielsweise der , stets eine führende Rolle bei der Informationsvermittlung zugesprochen wird.

Gewinner und Verlierer

56 Prozent der Befragten greifen in der Krisenzeit verstärkt auf Bücher zurück. Das ist nach Social Media der zweithöchste Wert. Die verstärkte Nutzung von Büchern basiert überwiegend auf den Motiven „Unterhaltung“ (76%), „Entspannung“ (74%) und „Probleme vergessen“ (66%). Werte, die lediglich mit Streaming-Diensten vergleichbar sind. Die verstärkte Nutzung von Büchern deutet darauf hin, dass trotz des Überangebots an digitalen Konkurrenzprodukten klassische Buchtitel in Krisenzeiten beliebter sind als in regulären gesellschaftlichen Phasen. Es kann interpretiert werden, wie dieser Befund zu verstehen ist: Eine mögliche Erklärung ist, dass die Befragten mehr Zeit für das – im Vergleich zu Videoprodukten – komplexere Rezeptionserlebnis Buch haben.

Die Printmedien sind der große Nutzungsverlierer. Gedruckte Produkte wie Zeitung oder Magazine wurden in der Krise der Studie zufolge weniger genutzt. Somit ist Print die einzige Kategorie, die in der Krise nicht stärker genutzt wird. Zusätzlich mag dies auch mit dem limitierten Zugang zu stationären Verkaufsstellen zusammenhängen. Doch auch bei den Motiven enttäuscht Print. Mit rund 39 Prozent ist die Informationssuche das stärkste Nutzungsmotiv – verglichen mit anderen Medienkanälen ein geringer Wert.

Fazit

Es ist interessant zu sehen, dass Fernsehen in der Krise überwiegend als Informationsmedium genutzt wird. Suchen die Menschen Unterhaltung oder Entspannung finden sie dies im Online-Streaming oder in Büchern. Die sozialen Medien werden diesmal ihrer sozialen Komponente gerecht und dienen in Krisenzeiten mit 83 Prozent klar der Kontaktpflege mit Familie und Freunden. Während bei allen anderen untersuchten Medienkanälen spezifische Stärken sichtbar wurden, blieben die Printmedien im Vergleich blass.

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In der quantitativen Online-Befragung wurden Studierende der FH Kufstein Tirol im Alter zwischen 17 und 39 nach Ihrer Mediennutzung befragt. Es wurden sieben Kategorien der Mediennutzungsmotive auf Basis einschlägiger Studien gebildet. Die Befragung ist nicht repräsentativ und wurde im Zeitraum zwischen dem 15. und 22. April 2020 durchgeführt.

 

Bildquelle: pixabay.com

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